Scratch-Bau 1958 Mercedes-Benz LP 333 "Tausendfüßler"

  • Liebe Modellbaukollegen,


    zu den deutschen Lkw der früheren Nachkriegsjahre, die im Gedächtnis geblieben sind, zählt aufgrund der hierzulande ungewohnten zwei Lenkachsen der LP 333.
    Eigentlich böte er sich als Vorbild eines Bausatzes für Revell Deutschland an, aber nachdem die Reihe Büssing-Krupp-Hanomag entgegen ursprünglicher Planung nicht fortgesetzt wurde, kann man hierauf, wie auch auf andere historische Lkw, wohl bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten.
    Bleibt nur Vergessen oder Selberbauen.


    Daß dieses Fahrerhaus nicht so ganz einfach umzusetzen sein würde, war mir eigentlich schon klar, als mir vor vielen Jahren erstmals der Gedanke kam, mich irgendwann einmal an den LP 333 zu wagen. Nachdem ich dann in der Folgezeit viel Vorbildmaterial zusammengetragen hatte und dazu noch vor zwei oder drei Jahren das hervorragende Typenbuch von Regenberger erschien,
    glaubte ich mich gut gerüstet. Daß es dann aber trotzdem noch schwieriger wurde als ohnehin schon befürchtet, lag wesentlich an zwei Dingen:


    - Mit Ausnahme der Fahrerhaus-Rückwand und der Verglasung sind sämtliche Oberflächen in alle Richtungen gewölbt. Dies schränkt den Nutzen der eigentlich sehr schönen Zeichnungen des Buches (Seite/Front/Draufsicht) für den Fahrerhausbau erheblich ein; eigentlich hätte es Querschnitts-Zeichnungen wie für einen Rumpf im Schiffsmodellbau gebraucht. Zudem scheint das Fahrerhaus auf Fotografien je nach Aufnahmeposition ständig Form und Proportionen zu ändern. Letztlich war trotz des umfangreichen Materials viel bildhauerische Daumenpeilung erforderlich. Am hartnäckigsten widersetzte sich die Bugpartie, die ich immer wieder nachgebessert habe, bis sie mir endlich stimmig erschien. Die zurückliegenden, gepfeilt stehenden Windschutzscheiben machten die Sache auch nicht eben leichter.
    - Fotos vom 333 führen während des Baus leicht in die Irre, da Mercedes das Fahrerhaus im Laufe der Produktion modifizierte (Dach, hinterer Fahrerhausbereich), diese Varianten aber auf Fotos oft nicht eindeutig von einander zu unterscheiden sind. Zudem gibt es m. E. noch weitere, im Regenberger-Band nicht genannte Fahrerhaus-Modifikationen.


    Während Fahrgestell und Aufbau keine nennenswerten Probleme machten, hat sich beim Fahrerhausbau meine Stimmung jedenfalls mehr als einmal eingetrübt. Vermutlich hat sich mein Umfeld deshalb noch mehr gefreut als ich, als das Ganze nach 1½ Jahren fast täglicher Arbeit fertig wurde.


    Schon vordem Bau war mir aufgefallen, daß die Tausendfüßler-Fertigmodelle einiger Hersteller nicht ganz überzeugend aussehen. Heute weiß ich warum.


    Wenn das am Modell recht gut getroffene Grüngrau (DB 7187) hier etwas eigenartig aussieht, liegt das an meiner mittlerweile neun Jahre alten Kamera, die bei der Farbtreue nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist.











  • Ein sehr gut umgesetzter Laster, da passt alles, innen und außen :love: . Gute Arbeit voller Details :thumbup: .
    Jürgen, ich bin da vollkommen deiner Meinung, es ist wirklich Schade das Revell die Altmetall-Serie nicht fortführt, der LP und auch andere aus der Wirtschaftswunderzeit verdienen durchaus ein Fortbestehen wenn die Originale von den Straßen verschwunden sind und man sie nur noch selten auf Treffen sieht.


    Ciao, Bernd

  • Moin Jürgen,
    einen schönen LKW hast Du da auf die Räder gestellt, einen typischen Vertreter der Seebohm-Ära. :thumbup: Was Du zu dem Variantenreichtum der Karosserie schreibst, man darf nicht übersehen, dass damals LKWs mitnichten fertig vom Band liefen. Vielmehr wurden die Hütten von Karosseriebetrieben sowohl im Auftrag der Hersteller, als auch nach Kundenwunsch aufgebaut. So hatten sie häufig nur die Front gemein.

  • Liebe Modellbaukollegen,


    vielen Dank für die positiven Rückmeldungen!


    Hinsichtlich des Fahrerhauses ist es tatsächlich so, wie Bernd es umrissen hat:


    Das serienmäßige Mercedes-Fahrerhaus des 333 wurde in Wirklichkeit (aus welchen Gründen auch immer) ausnahmslos von Wackenhut hergestellt. Auf ebendieses serienmäßige Haus beziehen sich meine Anmerkungen zu den Modifikationen. Mit diesem serienmäßigen Fahrerhaus gibt es heute noch fünf 333, nämlich zwei sehr ähnliche dunkelgrüne Pritschenwagen mit langem Haus im Mercedes-Museum bzw. deutschem Privatbesitz, ein blaues Kofferfahrzeug ("Mauxion") mit langem Haus ebenfalls im Mercedes-Museum, ein rotes Tankfahrzeug mit kleinem Haus in Schweden und eine hellblaue SZM mit langem Haus in deutschem Privatbesitz .


    Daneben lieferte Mercedes auch das nacktes Fahrgestell, auf das der Käufer dann ein (meist luxuriöseres) Haus bei einem Karrosseriebauer seiner Wahl anfertigen lassen konnte. Diese Häuser unterschieden sich dann idR schon äußerlich recht deutlich vom Wackenhut-Haus.


    Ein auf Oldtimerveranstaltungen häufig gezeigter fünfter 333, ein orangefarbener Pritschenwagen der Spedition Hauser, ist historisch ein Wechselbalg, da das
    ursprüngliche Fahrerhaus irgendwann durch eine etwas modernere Kässbohrer-Kabine, die eigentlich für den Nachfolger 334 bestimmt war, ersetzt wurde.


    Die Möglichkeit, bei Mercedes ein Teil-Fahrerhaus, nämlich nur die Frontpartie,Armaturenbrett und Boden, zu bestellen, gab es m. W. dann erstmals beim kubischen Fahrerhaus, was dann zu einem einheitlichen Mercedes-Gesicht auch bei Sonderaufbauten führte.


    Vielleicht wird nicht nur Wolfgang (für ihn wahrscheinlich ein alter Hut) diesen Link für sehenswert halten
    https://www.youtube.com/watch?v=UJPdOvNfzX8
    Er zeigt ein ganz hervorragend gemachtes RC-Modell des Hauser-Vorbilds in Betrieb.

  • Danke für den link, Jürgen


    Das ist schon ein beeindruckendes Modell.


    Zur Wackenhut Kabine: Ich hab mal gelesen, die Daimler-Bosse wären Mitte der 50er etwas verärgert gewesen, dass das Erscheinungsbild ihrer Frontlenker so arg variierte und deshalb eine einheitliche Hütte gefordert hätten. DB stand ja damals lange Zeit dem Frontlenker ziemlich skeptisch gegenüber. Wenn man sich Fotos der alten Frontlenkeraufbauten ansieht, dann kann man außer dem Stern auf den ersten Blick nicht viel Mercedes erkennen.

  • Liebe
    Modellbaukollegen,


    ich freue mich über die weiteren Rückmeldungen.


    Was Wolfgang völlig zutreffend anmerkt, gilt eigentlich für alle deutschen Hersteller. Dem in USA und dem europäischen Ausland bereits lange vor dem Weltkrieg einsetzenden Trend zum Frontlenker verschloß sich Mercedes nur ganz besonders lange. Wer bis Mitte der Fünfzigerjahre einen Mercedes-Frontlenker wollte, mußte ein Haubenwagenfahrgestell kaufen, dieses in Eigenregie frontlenkertauglich umbauen lassen und dann eine Kabine eines der zahlreichen Karrosseriebauer aufsetzen lassen. Dadurch ergab sich eigentlich zwangsläufig das von Wolfgang bezeichnete uneinheitliche Äußere der Mercedes-Frontlenker bis zur Einführung der ersten eigenen Frontlenker-Baureihe 1954/1955.


    Aus damaliger Sicht war die Zögerlichkeit bei der Produktion von Frontlenkern eigentlich nachvollziehbar: Eine Parallelbaureihe würde gewaltige Zusatzkosten verursachen, dabei würde aber der Frontlenkerabsatz notwendigerweise zu Lasten der Haubenwagenverkäufe gehen. Auch standen selbst noch lange nach Einführung viele Lkw-Kunden Frontlenkern gegenüber ablehnend gegenüber wegen der vermuteten geringeren Unfallsicherheit und der tatsächlich miserablen Motorzugängigkeit wegen der ja noch feststehenden Fahrerhäuser. Ohne die in den Fünfzigern eingeführten gesetzlichen Längenbeschränkungen hätte der Frontlenker hierzulande möglicherweise nie oder erst viel später den Durchbruch geschafft - man vergleiche die genau entgegengesetzte Entwicklung in den USA!

  • Liebe Modellbaukollegen,


    beim Posten der Bilder fehlt aus irgendwelchen Gründen eines.
    Da eigentlich immer bei solchen Nicht-Baukastenmodellen die Frage kommt, wie weit ich "das Darunter" detailiere, liefere ich das fehlende Bild nach. Hier, wie eigentlich bei alle meinen Modellen, detailiere ich alles, was beim Umdrehen eines Modells sichtbar wird - aber nicht mehr.


    Technisch Interessierte werden die altertümliche Hinterachse des 333 bemerken, bei der Tragachse und Antriebsachse getrennt sind. Daran hielt Mercedes sogar bis zur Einführung der Außenplanetenachse Anfang der Siebziger fest.