Kartonbau Tutorial

  • Moin moin.


    Nun ist es soweit. Wie bereits an anderer Stelle angekündigt setze ich nun meine Idee einer Einführung in den Kartonmodellbau um. Bereits vor einiger Zeit habe zu meinen Erfahrungen im Kartonbau einen Text verfasst. Diesen werde ich ggf. ein wenig anpassen und hier nach und nach einstellen. In Absprache mit Kurt habe ich diese Rubrik gewählt.


    Bei diesem Tutorial geht es um Dinge wie die Grundausstattung, Werkzeuge, Material und Techniken. Mit diesem Rüstzeug sollte es dann möglich sein, den klassischen Kartonbau, nämlich den Zusammenbau eines gedruckten Modells, in Angriff zu nehmen. Darüber hinaus möchte ich noch Empfehlungen für Einsteigermodelle geben. Es soll sich an diejenigen von euch richten, die bereits allgemein Erfahrungen im Modellbau gesammelt haben und nun auch Interesse am Kartonbau haben. Sei es nun um Kartonbau verstärkt zu betreiben, oder um sich einfach mal an diesem Material zu versuchen. Diejenigen, die selbst schon Erfahrungen mit dem Thema haben, sind herzlich eingeladen sich zu den einzelnen Abschnitten mit Ihren Kommentaren bzw, Erfahrungen einzubringen. Überhaupt sind Kommentare, Fragen oder Anregungen, aber auch Verbesserungsvorschläge kein Problem. Ich werde versuchen sie zu beantworten bzw. darauf einzugehen oder werde ggf. auf ein bestimmtes Kapitel verweisen.


    Um eine gewisse Übersichtlichkeit hinein zu bringen, werde ich zu jedem Thema eine Kapitelüberschrift setzen. Diese werde ich dann nach und nach hier im ersten Beitrag ergänzen, so dass man ein bestimmtes Thema schneller finden kann.


    Kapitel 1: Grundlagen - Post 2
    Kapitel 2: Schneidewerkzeuge - Post 3
    Kapitel 3: Kleber - Post 9
    Kapitel 4: Farben - Post 12
    Kapitel 5: Nützliche Helferlein - Post 13
    Kapitel 6: Kleine Materialkunde - Post 15
    Kapitel 7: Die Modellbaubögen Teil 1 - Post 22
    Kapitel 8: Die Modellbaubögen Teil 2 - Post 24
    Kapitel 9: Arbeitstechniken Allgemein - Post 29
    Kapitel 10: Arbeitstechniken - Das Rillen - Post 30
    Kapitel 11: Arbeitstechniken - Das Ausschneiden Teil 1 - Post 39
    Kapitel 12: Arbeitstechniken - Das Ausschneiden Teil 2 - Post 50
    Kapitel 13: Arbeitstechniken - Das Ausschneiden Teil 3 - Post 52

    Kapitel 14: Arbeitstechniken - Das Schlitzen - Post 53
    Kapitel 15: Arbeitstechniken - Das Formen - Post
    Kapitel 16: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber Teil 1 - Post 61
    Kapitel 17: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber Teil 2 - Post 63
    Kapitel 18: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber Teil 3 - Post 64
    Kapitel 19: Die Baupraxis - verstärken und Verdoppeln - Post 74
    Kapitel 20: Die Baupraxis - Färben uns Farben - Post 75
    Kapitel 21: Die Baupraxis - Das Bemalen - Post 80
    Kapitel 22: Die Baupraxis - Praktische Tipps - Post 81
    Kapitel 23: Die Baupraxis - Mit einfachen Mitteln supern - Post 82
    Kapitel 24: Die Baupraxis - Supern mit Lasercutteilen - Post 88
    Kapitel 25: Die Baupraxis - Masten im Kartonbau - Post 90


    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


    "Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gern mein Problem zurück!"


    Kartonbau Tutorial

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  • Kapitel 1: Grundlagen


    Grundsätzlich ist Kartonmodellbau bereits mit einem geringen Aufwand an Werkzeug möglich. Da keine Maschinen gebraucht werden, kein Schleifen oder Spachteln anfällt ist das Ganze wohnzimmertauglich, was auch zum Erhalt des häuslichen Friedens beitragen kann. Im Folgenden beschreibe ich, was man meiner Ansicht nach als Minimalausstattung an Werkzeug benötigt. Halt, Halt wird der eine oder andere von Euch sagen, da gehört noch dieses oder jenes dazu. Ich weiß dass es subjektiv ist, aber ich habe selbst so angefangen und mehr braucht man zum Einstieg definitiv nicht. Ich selbst bin mittlerweile auch vielseitiger ausgestattet. Das ist aber ein anderes Thema und dazu komme ich im Verlauf dieses Tutorials sicher noch.


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    Schneidematte, Stahllineal und Japanspachtel. Ja, der Spachtel gehört dazu, denn das Lineal ist für kleine Teile zu unhandlich. Man könnte auch ein kurzes Stahllineal kaufen, aber ein Satz Japanspachtel ist deutlich kostengünstiger und erfüllt den selben Zweck. Beim Lineal ist grundsätzlich darauf zu achten, dass es ohne Abstand aufliegt. Viele Lineale haben eine abgesetzte Kante, da sie aus dem Zeichnen mit Tuschestiften kommen. Diese verhindert das Hinterlaufen der Tusche unter das Lineal, ermöglicht in unserem Fall aber das Unterschneiden und damit das Abweichen von der Schnittlinie. Die Schneidematte sollte bekannt sein. Andere Unterlagen funktionieren auch, sind auf Dauer aber nicht praktikabel. Glas wirkt sich nachteilig auf die Schärfe der Klingen aus, und Pappe wird ziemlich rasch zerstört.


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    Zum Schneiden Cuttermesser, Skalpell, lange und kurze Schere. Das Cuttermesser dient ebenso wie die lange Schere zum groben ausschneiden oder schneiden längerer Linien. Für die Feinarbeit und schneiden von Kurven nimmt man besser die beiden anderen Werkzeuge.


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    Nadel zum Rillen und Ritzen (das sind Techniken, ich gehe später noch drauf ein), gerade und gebogene Pinzette zum applizieren von Kleinteilen, Klemmen. Bei den Klemmen sollte man drauf achten, dass diese glatte Flächen haben. Die Abgebildeten haben das nicht, was zu Abdrücken führen kann. Die Klemmen sind neu, und ich bin noch nicht dazu gekommen etwas auf die Klemmflächen zu kleben.


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    Kleber, grundsätzlich ist jeder Papierkleber geeignet. Zur Grundausstattung sollten aber diese Beiden gehören: Ein lösemittelhaltiger Kleber für feste Verbindungen und Weißleim für kleinere Teile. Der erste hat den Vorteil, das er längere Zeit offen bleibt, und man so Zeit für Korrekturen hat (gut bei großen Spantgerüsten). Diese Klebeverbindungen binden fest ab. Nachteilig ist das ziehen von Fäden und dass der Kleber glänzend austrocknet. Der Weißleim trocknet dagegen matt aus und übergetretener Klebstoff ist hinterher kaum zu sehen. Er ist daher für kleine Teile sehr gut geeignet. Nachteilig kann sein, dass er relativ schnell austrocknet, da der Karton die Flüssigkeit (Wasser) aufnimmt. Insgesamt sind auch diese Verbindungen sehr fest. Ich verwende überwiegend Weißleim, verdünnt mit ca. 5 - 10 % Wasser.


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    Ein weicher Bleistift zum Kantenfärben. Jetzt wird der eine oder andere Scharfsichtige aber stutzen und sich denken: "Moment mal, dort ist aber 3H zu lesen." Drin steckt aber eine Mine Härte B, etwas anderes würde zum Abdunkeln der Kanten nicht funktionieren. Warum ein Bleistift und keine Farbe? Nun, in vielen Fällen und gerade zu Anfang reicht es vollkommen aus die weißen Schnittkanten einfach nur abzudunkeln. Eine graue Kante fällt längst nicht so auf
    wie eine weiße, und man erreicht bereits so ein schönes Ergebnis.


    Im nächsten Kapitel werde ich vertieft auf die Werkzeuge eingehen.


    Stay tuned.




    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • Kapitel 2: Schneidewerkzeuge

    Nach der Grundausstattung wird es nun spezieller. Es geht um die Schneidewerkzeuge. Ich stelle hier jene Werkzeuge vor, mit denen ich arbeite und mit denen man nach meiner Ansicht problemlos alle anstehenden Arbeiten im Kartonbau erledigen kann.


    Messer:


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    • Cuttermesser, hauptsächlich zum groben Ausschneiden von größeren Teilen oder auch zum Zurechtschneiden stärkerer Pappen.
    • Designmesser, gelegentlich auch Skalpelle genannt, mein bevorzugtes Arbeitsinstrument, da sie sich sehr gut führen lassen. Durch die schmalen Klingen (das gelbe Messer hat eine 6mm und das schwarze Messer eine 4mm breite Klinge) lassen sich auch enge Radien schneiden.
    • Skalpelle mit Wechselklingen, ähnliches Einsatzspektrum wie die Designmesser. Diese kommen bei mir weniger zum Einsatz. Hauptsächlich dann, wenn ich Überstände abhobeln muss. Dafür sind die langen Schneiden sehr hilfreich.
    • Kurvenmesser, siehe auch 2. Bild, zum Schneiden von Radien bis runter zu wenigen Millimetern (abhängig vom individuellen Können). Das Messer hat eine drehbar gelagerte Klinge und wirkt wie eine Schleppfahne. Es richtet sich also immer der Bewegungsrichtung entsprechend aus.
    • Kreisschneider, zum Ausschneiden größerer Kreise. Der Kreisschneider wirkt dabei wie ein Zirkel. Er ist möglichst senkrecht zu führen, da er sonst leicht aus der Spur zu bringen ist. Gerade Pappen > 0,5mm oder auch Doppelungen können nur mit viel Druck in einem Zug geschnitten werden, was aber zu Lasten der Genauigkeit geht. Um nicht zu viel Druck auszuüben, was das Verreißen begünstigt, ist es sinnvoll einen Kreis mit wenig Druck (Scharfe Klinge vorausgesetzt!!!) mehrfach zu umfahren. Um eine 0,5mm-Pappe zu schneiden, brauche ich in der Regel 3 - 4 Umdrehungen.


    Scheren:

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    • Lange Schere, wie das Cuttermesser zum groben Ausschneiden oder für langgestreckte Teile.
    • Mittlere Schere, geht schon in Richtung Silouettenschere, wird bzw. wurde bei mir zum Ausschneiden der meisten Teile verwendet. Inzwischen bin ich aber dazu übergegangen fast nur noch mit dem Designmesser zu arbeiten.
    • Gerade Silouettenschere, sehr gut geignet für kurze Schnitte und zum Ausschneiden von Bögen und Kreisen. Eigentlich benutze ich für Außenbögen hinunter bis ca. 3mm Durchmesser nur noch diese und die folgenden Scheren.
    • Spitze Schere, gekrümmte Spitze, wie vor, bei engen Radien unschlagbar.
    • Pinzettenschere, ermöglicht sehr feine Abschnitte, da sie sich sehr gut und dosiert führen lässt. Ich verwende sie besonders im Wechsel mit der vorhergehenden Scheren bei sehr kleinen Bögen.


    Sonstiges:


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    Verschiedene Meißel zum Aussticheln von kleinen Aussparungen. Das Teil mit dem Holzgriff ist ursprünglich eine Radiernadel aus dem Grafikbereich und ist Rund, Durch den Schrägschnitt ist die Messerfläche eliptisch und eignet sich zum Aussticheln runder Flächen. Die anderen Teile sind Modellbaumeißel. Die zwei rechten sind gerade, während der linke eckig ist und durch den Schrägschnitt nach zwei Seiten schneiden kann. Sehr schön zum Ansticheln von Innenecken. Darauf gehe ich aber noch bei den Arbeitstechniken näher ein.


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    Locheisen, unverzichtbar zur Produktion von Pappscheiben oder Ausschneiden kleiner runder Teile. Die abgebildeten Locheisen haben ihre gerade Kante innen. Das macht sie zum Ausstechen z.B. von Bullaugen nur bedingt geeignet, da der äußere Rand eingedrückt wird. Der normale Modellbaukarton kann normalerweise wieder in Form gebracht werden. Doppelungen und dickere Pappe wird zu stark deformiert. Für diesen Fall muss der konische Schliff innen liegen und nicht wie hier außen.


    Mit den hier beschriebenen Werkzeugen ist es möglich so gut wie jede Schneideaufgabe im Kartonbau zu bewerkstelligen. Außerdem gibt es noch allerlei Varianten der hier gezeigten Werkzeuge. Letztendlich muss jeder für sich selbst herausfinden, welche Werkzeuge ihm persönlich liegen , bzw. mit welcher er die besten Ergebnisse erzielt. Löcher könnte man z.B. auch mit einem Bohrer herstellen. Allerdings muss dazu der Karton besonders behandelt werden.


    Im nächsten Kapitel wird es um die Kleber gehen.


    Stay tuned.











    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • sehr schön, ich hoffe immer noch, daß mal ein modell für mich kommt - es gäbe ja einige 24er flieger im netz, ich finde aber den hersteller nicht... irgendwas mit alice, aber da kommt man immer auf eine chinesische seite...

  • @Imre
    Nicht aufgeben, Du findest schon das Richtige.


    Wolfgang
    Danke, ich hab wirklich versucht den Einstieg klar und verständlich zu beschreiben. Schön, dass Du es bestätigst. Nach meinem Dafürhalten haben die "alten Hasen" nur selten die Nachwuchsförderung im Kopf. Zumindest in den einschlägigen Foren geht es hauptsächlich um Selbstdarstellung. Das Hickhack um die deutschen Kartonbauforen und Onlinehändler in diesem Jahr spricht da Bände. Schließlich ist eines der beiden großen Foren geschlossen und mehrere Händler haben auch aufgegeben. Jetzt versuche ich hier in meiner kuschligen Nische im KMF die Fahne hochzuhalten und euch den Kartonbau näher zu bringen. Das Ihr (Kurt und das Team) mich machen lasst, dafür Danke.


    @Fritz
    Säle zum toben sicher nicht, aber den einen oder anderen hier entzücken, dass kriege ich hin. Das Danke für die Bekanntschaft gebe ich gern zurück.

  • Kapitel 3: Kleber

    Nun zu einem nicht unwichtigen Thema, dem Kleben. Ohne den halten unsere Modelle nicht zusammen und Snap-Kits sind mir im Kartonbau noch nicht untergekommen. Obwohl - das Lasercutspantgerüst meiner Cleo war auch ohne Kleber schon ziemlich haltbar.


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    • Weiß- oder auch Holzleim, bei mir für nahezu alle Klebungen im Einsatz, in der Regel mit 5 - 10% Wasser verdünnt. Diese Mischung ist ist in der Flasche mit der Metalltülle abgefüllt. Falls jemand denkt, das die Tülle einer Druckbleistiftspitze verdammt ähnlich sieht, so hat er recht. Dieses Set Flasche mit Spitze wird auch so verkauft. Die Verbindungen sind recht schnell fest, besonders wenn der Leim verdünnt wurde. Das Wasser wird sehr schnell durch den Karton absorbiert, was die schnelle Trocknung erklärt. Trotzdem ist die Wassermenge zu gering, als dass dadurch Probleme entstünden. Für Flächenklebungen ist Weißleim allerdings weniger geeignet. Der große Vorteil ist die gute Dosierbarkeit und das matte, fast unsichtbare Trocknen. Daher stellt übergetretener Klebstoff kein großes Problem dar. Daher auch ideal für kleinste Teile.

    • Lösemittelhaltiger Kleber, hier der Klassiker schlechthin - "UHU Alleskleber", kommt bei mir für größere Klebungen zum Einsatz. Die deutlich längere offene Zeit gegenüber dem Leim erlaubt eben auch längere Zeit Korrekturen, während sich Leim teilweise wie Sekundenkleber verhält. Für filigrane Teile benutze ich diesen Kleber kaum noch, da er, bedingt durch seine Zähigkeit, gern mal Fäden zieht. Weiter sind trockene Kleberspuren sehr gut zu sehen. Nicht verwenden sollte man die grüne, weil lösemittelfreie Variante. Die Verdünnung, hier Wasser, führt bei diesem Kleber durchaus zu Problemen, da die Menge größer als beim Leim ist. Des Weiteren dauert es ewig bis ein Teil fest ist.

    • Kraftkleber - hier "UHU Hart", gelegentlich verwende ich auch noch Pattex-Kleber. Dieser Kleber kommt nicht häufig zu Einsatz, hauptsächlich für feste Verbindung von Stumpfstößen. Der Kleber trocknet ziemlich rasch aus, bei trotzdem ausreichender Korrekturzeit. Der größte Nachteil ist sein Schrumpfverhalten. Aus diesem Grund setze ich ihn ausschließlich zur Verbindung stärkerer bzw. festerer Pappen ein. Eckverbindungen werden gerne mal durch eine zusätzliche Kleberaupe verstärkt. Macht man diese aus UHU Hart werden sich die Teile durch das Schrumpfen des Klebers stark verformen.

    • Sekundenkleber in Gelform, aber auch dünnflüssig. Diesen Kleber setze ich seltener für Teileein, die schnell fest sein müssen. Dann aber Gel, da man bei Karton sonst keine Chance hat dass der Kleber wirken kann. Er geht nämlich ziemlich rasch in das Material über. Hauptsächlich benutze ich den Dünnflüssigen, denn damit kann man wunderbar Kartonteile versteifen bzw. stabilisieren. Der Kleber durchdringt das Material geradezu, und danach kann man es sogar Schleifen oder Bohren.


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    Ein Sonderfall sind Kleber, die unter UV-Licht aushärten. Ich benutze diesen eher selten und wenn, dann meist um Stahldrähte für Masten und Rahen zu verbinden. Das habe ich früher mit Sekundenkleber gemacht, was aber auf Grund der kurzen Trocknungszeiten immer etwas stressig wurde. Mit diesem Kleber ist das kein Problem mehr. Die Festigkeit ist sehr gut und vollkommend ausreichend. So etwas könnte man natürlich auch Löten, man müsste dann nur mit einem Lötkolben umgehen können.


    Bleibt noch Kleber zur Herstellung von Flächenverklebungen. Grundsätzlich kann man die bisher vorgestellten Kleber selbstredend auch dafür benutzen. Es ist nur sehr schwierig diese gleichmäßig dünn, und ich meine wirklich dünn, auf eine größere Fläche zu verteilen. Ab ca. 5 x 5 cm wird es schwierig. Dann kommt die Stunde der folgenden Kleber.



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    Und zwar der gute alte Klebestift in allen seinen Varianten, bei mir für Flächen bis ca. DIN A6. Da er sehr langsam trocknet, muss eine solche Verbindung lange in Ruhe gelassen werden. Kurzer Exkurs zu Flächenklebungen: Da diese Verbindungen sich während des Trocknens gern mal verziehen bzw. verdrehen nach der Verklebung zur Trocknung zwischen schwerer Literartur o.ä. lagern. Für größere Flächen sind Sprühkleber (nicht abgebildet) und die abgebildete Rolle geeignet. Sprühkleber arbeiten sehr gut, haben aber den Nachteil dass der Sprühnebel nicht nur auf dem zu verklebenden Teil landet. Also weniger zum Einsatz im Wohnzimmer geeignet. Ich habe den Sprühkleber durch eine Klebefolie ersetzt. Im Prinzip handelt es sich um ein doppelseitiges Klebeband, allerdings extrem dünn und mit einem Klebstoff auf Acrylatbasis. Ich benutze eine vliesverstärkte Variante, die für rauhe Untergründe empfohlen wird. Es gibt auch noch die Variante ohne Vlies, die ist noch dünner (wobei wir hier bei beiden Varianten von Mikrometern reden), die aber auch nur für glatte Untergründe geeignet sein soll. Mit diesen Folien werden z.B. Schriftzüge von Autos auf den Blechen befestigt. Nachteilig ist, das ich nur dieses Gebinde gefunden habe. Die schlapp 6 qm werden wohl eine Weile ausreichen. Aber weiter im Text. Nicht unwichtig für die sichere Verbindung von Flächen ist dieses Werkzeug:


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    Eine Andruckrolle, die für einen gleichmäßigen Druck auf die Verklebung sorgt und gleichzeitig das Teil glättet. Danach, wie erwähnt, zur Trocknung ab in eine Presse und gut durchtrocknen lassen.

    So, das war es zum Thema Kleber. Im nächsten Kapitel wird es um Farben gehen.


    Stay tuned.

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    Bernd


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  • Kapitel 4: Farben


    Generell sind Kartonmodelle ja fertig bemalt. Da der Karton aber in der Regel nicht duchgefärbt ist, sind an außen liegenden Klebekanten leider die weißen Schnittkanten zu sehen. Eine farbliche Behandlung tut not, da es den Eindruck des gesamten Modells erheblich beeinflusst. Wie unter Grundausstattung bereits erwähnt tut es da schon das Färben mit einem weichen Bleistift. Darüber hinaus kann eigentlich alles zum Färben verwendet werden, was der Markt so her gibt.


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    Angefangen von den klassischen Modellfarben über den guten alten Tuschkasten hin zu Bunt- bzw. Aquarellstiften. Des Weiteren gehen natürlich auch die Farben aus dem Künstlerbereich wie Acryl-, Öl- oder Gouachefarben. Ach ja, und nicht zu vergessen Plakafarbe. Welche Art Farbe man letztlich verwendet spielt keine Rolle. Lediglich bei den Farben, die mit Wasser verdünnt werden, wie z.B. die Tuschfarben, ist bei dem Material Karton Vorsicht angebracht. Grundsätzlich ist nur zu beachten, dass der Untergrund stark saugend ist, also der Pinselinhalt schneller aufgenommen wird.


    Aufgetragen wird die Farbe in der Regel mit Pinseln oder direkt mit dem Stift, da es ja nicht um die Bemalung größerer Flächen geht. Dennoch kann auch die Airbrush zum Einsatz kommen, z.B. wenn es um die Darstellung von Staubschichten geht.


    Nicht abgebildet habe ich Filzstifte. Die funktionieren auch, aber sind gerade wegen der starksaugenden Materialeigenschaften des Kartons in Verbindung mit der Tinte nicht unproblematisch. Tinten sind sehr dünnflüssig und werden geradezu gierig von Untergrund aufgesogen. Das kann dazu führen dass die Farbe nicht nur die Schnittkante färbt, sondern die Umgebung gleich mit. Das ist mir zu Beginn gelegentlich passiert, weshalb ich heutzutage auf Filzstifte verzichte.


    Im nächsten Kapitel werde ich noch einige nützliche Helferlein vorstellen.


    Stay tuned.



    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • Kapitel 5: Nützliche Helferlein



    Um den Themenkomplex Werkzeuge abzuschließen, gehe ich noch auf einige "nützliche Helferlein" ein. Diese sind nicht nur spezifisch für den Kartonbau, da einige von ihnen eigentlich jeder Modellbauer zur Hand haben sollte.

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    Pinzetten, unverzichtbar um Kleinteile zu applizieren, besonders in die entlegenen Ecken eines Modells. Daher sollten nicht nur gerade und gebogene Pinzetten vorhanden sein, sondern auch verschiedene Längen. Dauert das Halten mal wieder etwas länger sind die selbstschließenden Pinzetten sehr nützlich.

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    Klemmen und Klammern, zum zusammendrücken frischer Verklebungen. Zu beachten ist aber, dass die Klemmkraft ausreicht bleibenden Eindruck auf den Karton zu machen. Wenn also Sichtflächen zu klemmen sind, sollte man immer ein Stück Abfallkarton zwischen die Klemmbacken und das Bauteil legen. Gummibänder könnten zwar auch zum fixieren von Klebungen benutzt werden, aber in den meisten Fällen verzieht sich dadurch das Bauteil. Daher besser nicht verwenden.

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    Nadeln werden nicht häufig gebraucht, aber man sollte ein paar griffbereit haben. Und wenn auch nur zu dem Zweck die Klebertülle wieder frei zu machen. Ich verwende sie meist immer dann, wenn ich z.B. die Grundplatte für ein Spantgerüst auf mein Baubrett fixieren möchte. Darüber hinaus braucht man sie, um Zentrierungslöcher zu stechen.


    Ich denke damit kann man den Themenkomplex "Werkzeuge" abschließen. Sicher könnte man noch eine Vielzahl weiterer Werkzeuge nennen. Jedoch wird das dann schon spezieller und mit dem bisher vorgestellten Werkzeugen kommt man schon sehr weit. Aber der Fantasie, wie einen welches Werkzeug zum Ziel führt, sind keine Grenzen gesetzt. Hier hilft probieren enorm weiter.


    Im nächsten Kapitel werde ich noch auf das Material Karton selbst eingehen.


    Stay tuned.

  • Klasse Tutorial Bernd. :thumbup:


    sehr schön, ich hoffe immer noch, daß mal ein modell für mich kommt - es gäbe ja einige 24er flieger im netz, ich finde aber den hersteller nicht... irgendwas mit alice, aber da kommt man immer auf eine chinesische seite...


    Imre, meinst Du eventuell die Firma JSC?
    http://www.ebay.de/itm/JSC-605…1eef00:g:kWQAAOSwAF5UY0qU
    http://www.ebay.de/itm/JSC-604…1eeeea:g:2bUAAOSwcdBWSc4y
    http://www.ebay.de/itm/JSC-606…1eef17:g:HYsAAOSw6EhUUBgc


    Zumindest sind die alle in 1:24

  • Kapitel 6: Kleine Materialkunde


    Dieser Teil wird etwas theorielastig, aber Materialwissen hilft, wie ich finde, bei der Umsetzung und Verwirklichung unserer Projekte. Hier fasse meine Erfahrungen aus dem Architekturmodellbau, Angaben aus der Industrie und aus Wikipedia zusammen. Vereinfacht gesagt ist Karton im wesentlichen Papier mit einer größeren Dicke. Er ist ein aus Zelloulose hergestellter Werkstoff. Es gibt eine Vielzahl von Kartonarten, jeweils für die unterschiedlichsten Einsätze wie z.B. als Grafikuntergrund oder als Verpackungsmaterial.


    Bögen aus Papier und Karton werden in der Regel nicht nach ihrer Stärke, sondern nach der flächenbezogenen Masse bezeichnet, und zwar in g/m2. In Deutschland spricht man umgangssprachlich von Papier bei flächenbezogenen Massen von 7 g/m² bis 150 g/m², von Karton bei 150 g/m² bis 600 g/m² und von Pappe bei mehr als 600 g/m². Das Ganze macht es etwas schwierig für uns den richtigen Karton für Verstärkungen heraus zu finden, denn diese Angaben in Modellbaubögen sind meistens auf mm bezogen. Zumindest Pappen werden in der Regel mittlerweile auch nach Stärke sortiert. Man kann die Bögen also ausmessen oder aber die Stärke grob berechnen. Für Papier oder Karton kann mit der folgenden Faustformel ein ungefährer Anhaltswert für die Stärke eines Bogens ermittelt werden, hier am Beispiel von Schreibpapier:


    Papiergewicht (80 g/m²) geteilt durch Rohdichte von Papier (ca. 800 kg/m³) = 0,1 mm. Bitte nicht an den verschiedenen Dimensionen stören. Die Umrechnungsfaktoren von kg zu g und von m zu mm sind jeweils 1000 und heben sich gegenseitig auf. Das Ergebnis ergibt jedenfalls eine gute Näherung.


    Aus der Vielzahl der Papier- und Kartonarten möchte ich hier auf die für uns wichtigsten eingehen.


    Schreibpapier:
    Obwohl sehr dünn gut zur Herstellung dünner Röhren geeignet.


    Bastel- oder Karteikartenkarton:
    Ein glattes Material das üblicherweise für Modellbaubögen Verwendung findet. Das Flächengewicht schwankt von Anbieter zu Anbieter, liegt aber um 160 g/m².


    Finnpappe:
    Dieses Material wird auch Filzpappe oder Bierfilzkarton genannt. Es besteht im Wesentlichen aus feinem Holzschliff und ist schichtweise verleimt. Es ist gröber in der Textur und wird daher in der Regel für Verstärkungen aller Art verwendet. Das Material ist leicht und lässt sich gut schneiden, selbst bei 2mm Materialstärke. Das was das leichte Zuschneiden ermöglicht, nämlich die poröse Struktur, ist auch gleichzeitig der größte Nachteil: Finnpappe bricht leicht und feine Strukturen neigen zum Zerfasern. Dem kann man allerdings durch „Härten“ mit Sekundenkleber begegnen.


    Graupappe/-karton:
    Graupappe ist ein steifes und festes Material. In ihr werden auch mineralische Bestandteile als Füllmaterial verarbeitet. Das macht die Graupappe schwer, recht fest und schwierig zu bearbeiten. Das Material ist in der Regel beidseitig glatt. Man kann es daher sowohl für Verstärkungen, als auch direkt als Bauteil verwenden. Gerade die Festigkeit macht diese Pappe auch in geringerer Stärke für Verstärkungen aller Art brauchbar. Die Schwierigkeit der Bearbeitung bezieht sich sowohl auf den enormen notwendigen Kraftaufwand (ab 0,5mm aufwärts gibt es schon mal blutige Finger – ernsthaft), als auch auf den hohen Verbrauch an Schneideklingen, denn die eingearbeiteten Mineralkörner wirken wie Schmirgelpapier.


    Von diesen Kartonarten sollte man sich einen kleinen Vorrat anlegen. Eine weitere Kartonart, die im Modellbau Verwendung findet ist der Museumskarton, bei uns in Deutschland auch Bristolkarton genannt. Er besteht aus sehr hochwertigen, schichtweise verleimten Grundstoffen, wie Papieren. Oft ist die Deckschicht reinweiß und immer holzfrei, während die mittleren Schichten schon mal grau und holzhaltig sein können. Dieser Aufbau erinnert an Sperrholz und sorgt für eine hohe Festigkeit und Stabilität, sowie auch für Langlebigkeit. In der Bearbeitung gleicht er Graupappe. Auf Grund der hochwertigen Materialien ist er aber recht teuer in der Anschaffung und wird eigentlich nur für Präsentationsmodelle in der Architektur und zur Herstellung von Sonder- oder z.B. Weißmodellen verwendet. Für unsere Anwendungen kommt er eher nicht in Frage.


    Ein Wort noch zur Lagerung. Klar dass die Modellbögen an einem trockenen Ort möglichst flachliegend gelagert werden sollen. Aber angefangene Modelle und die dazu gehörigen Bögen sollten am gleichen Ort gelagert werden. Der Karton ändert seine Ausdehnung in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Wenn z.B. das Modell auf der Heizung stand, der Bogen jedoch in einer kühlen Ecke lag, sind Probleme mit der Passgenauigkeit nicht auszuschließen.


    Das soll es aber auch mit der Theorie gewesen sein. Im nächsten geht es dann um die Modellbaubögen.


    Stay tuned.

  • Bernd, bislang schon mal ein absolut interessanter Beitrag !
    Meine "Karton Erfahrung" beruht eher (mit mässigem Erfolg!) auf den Bögen ,die in grauer Vorzeit in "Mickey Mouse und Yps" zu finden waren ...
    Ich werde hier 'dranbleiben, und sichervdann mal wieder einen Versuch starten !


    Dank dir für die Mühe!

    Zwei Worte werden dir im Leben so manche Tür öffnen : Ziehen und Drücken :00008359:

  • @Ingo:
    Bisher habe ich Ölfarben nur zur Alterung verwendet, also nach Versiegelung mit Klar- bzw. UV-Schutzlack und in der Fläche. Das hat bisher keine Probleme ergeben. Auch sollte die Farbe gut aufgemischt sein. Ansonsten sind Ölfarben nicht meine erste Wahl, da mir die Trocknung zu lange dauert. Beim Kantenfärben könnte es tatsächlich Probleme geben. Muss ich mal testen.

  • Kapitel 7: Die Modellbaubögen Teil 1


    Kommen wir nun zum Wesentlichen, den Modellbaubögen. Modelle gibt es für jede Sparte des Modellbaus. Am bekanntesten sind wahrscheinlich die Schiffsmodelle. Daneben gibt es aber auch Fahrzeuge aller Art vom Auto über LKWs zu Panzern, Flugzeuge, Eisenbahnen und Häuser. Ebenso so groß wie die Auswahl ist die Vielfalt der Maßstäbe, obwohl sich einige Standardmaßstäbe etabliert haben. Für Schiffe 1/200 bzw. 1/250, für Fahrzeuge meist in 1/25, für Flugzeuge 1/50 bzw. 1/33 und für Eisenbahnen und Gebäude die klassischen Modellbahnmaßstäbe 1/87 und 1/160, bzw. für sehr große Gebäude wie Kirchen und Burgen der Maßstab 1/300. Die Masse der angebotenen Bögen bzw. der Verlage kommen aus Osteuropa, hier vornehmlich aus Polen und Russland, sowie Deutschland und Österreich. In Osteuropa ist der Kartonmodellbau sehr stark vertreten. Dort hat er den gleichen Stellenwert wie der Plastikmodellbau bei uns. Ich habe aber den Eindruck, dass es langsam kippt.


    Hier mal einige Beispiele für Modelle:


    Comp_0022.jpgComp_0023.jpg


    Die Bögen sind je nach Verlag und Alter in ihren Qualitäten sehr unterschiedlich. Die Passgenauigkeit ist in der Regel recht gut. Die Modelle reichen von sehr einfachen Modellen bis hin zu Modellen die in Karton ob ihrer Filiganität kaum mehr auszuführen sind. Generell kann man sagen je älter ein Bogen ist, desto einfacher ist er gehalten und desto weniger detaillierter ist das Modell. Verlage versuchen gelegentlich bei Neuauflagen die Detaillierung zu verbessern, was man an der Teileanzahl sehen kann. Ein schönes Beispeile ist die Bismarck. Der Wilhelmshavener Modellbaubögen kommt aus dem Lehrmittelinstitut, heute Möwe-Verlag. Dieses Modell fing in den 60zigern mit ca. 1.000 Teilen an, die neueste Auflage hat ca. 1.500 Teile. Ein neu entwickeltes Modell dagegen wie die Bismark von HMV im gleichen Maßstab bringt es, je nach dem ob man den höchsten Detaillierungsgrad wählt, auf bis zu 7.000 Teile. Das zeigt die Entwicklung sehr gut auf. Hier mal zwei Beispiele für alt gegen neu:


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    Beide Modelle sind in 1/100 gehalten. Die Seefalke ist noch von Hand konstruiert und gezeichnet. Das Schnellboot dagegen stammt aus dem Computer. Dem entsprechend sind die Teile der Seefalke einfacher gehalten, während die des Schnellbootes einfach mehr Details bieten.

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    Auch die Bauanleitungen sind sehr verschieden. Die der Seefalke besteht aus Text und einer Explosionszeichnung zur Übersicht, während das Schnellboot gerenderte 3D-Darstellungen der verschiedenen Bauschritte bietet. Auf Text wird weitgehend verzichtet.

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    Zu einigen Modellen gibt es heutzutage sogenannte Lasercut-Sätze. Diese Teile ersetzen entweder z.B. das Spantgerüst und helfen eher stumpfsinnige Arbeiten abzukürzen. Oder die Teile sind so Filigran, dass sie von den meisten Modellbauern nur unter Schwierigkeiten auszuschneiden sind. Diese Teile werden sowohl von den Verlagen selbst, aber auch von Zulieferern herausgebracht.


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    Es gibt einen grundlegenenden Unterschied in der Bauphilosophie zwischen Ost und West. Während deutsche Bögen grundsätzlich versuchen alles in Karton baubar zu gestalten, versuchen osteuropäische Bögen dies nicht. Bei ihnen sind von vornherein Teile vorgesehen, die z.B. aus Draht selbat herzustellen sind. Dies betrifft vielfach z.B. die Reling oder Schiffsmasten.


    Im Teil 2 werde ich kurz etwas zu den Druckverfahren bzw. der Herstellung schreiben. Das hat durchaus Einfluss auf den Bauablauf oder überhaupt die Kaufentscheidung.


    Stay tuned.

  • Kapitel 8: Die Modellbaubögen Teil 2

    Nach einigen Worten zu den Modellbaubögen allgemein jetzt noch etwas spezielleres. Neben der großen Auswahl an Modellen und Maßstäben gibt es auch Unterschiede in der Herstellung solcher Bögen. Da wäre der althergebrachte Offsetdruck. Dieser ist sehr aufwändig bzw. teuer und wird daher heutzutage kaum mehr angewandt. Bei diesen Bögen besteht eine sehr gute und stabile Verbindung von Farbe und Karton, da die Farbe recht tief in das Material eindringt. Eigentlich wären solche Bögen die erste Wahl, würde es heutzutage noch neue Bögen mit Offsetdruck geben.


    Durchgesetzt, da wesentlich einfacher und schneller, hat sich heutzutage der Digitaldruck. Den kennen wir alle von unseren eigenen Druckern. Und genau wie zu Hause gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten - Laser oder Tinte. Beides produziert sehr schöne und gestochen scharfe Ausdrucke. Wird auf einem Bogen nicht darauf hingewiesen mit welchem Druckverfahren er hergestellt wurde, kann man selbst es kaum erkennen. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Druckverfahren liegt in der Art des Farbauftrags. Beim Laserdrucker wird der Toner auf der Oberfläche des Kartons als zusätzliche Schicht quasi "aufgebacken". Der Nachteil ist, dass diese Farbschicht sich kaum mit dem Karton verbindet und beim Bearbeiten wie dem Rillen oder Knicken, also unter mechanischer Beanspruchung sich gern mal wieder vom Karton löst. Zusätzliche Fixierung mit einem Klarlack kann helfen, ist aber aufwändig. Bei Laserdruckmodellen ist also erhöhte Vorsicht angebracht und mit Mehraufwand zu rechnen. Beim Druck mit einem Tintenstrahldrucker dringt die Tinte leicht in die oberste Schicht des Kartons ein und erzielt so eine bessere Haftung auf dem Material. Der Nachteil hier liegt darin, dass die Tinten in der Regel nicht so grifffest und lichtecht wie der Toner sind. Während ersteres durch verbesserte Tinten gemildert werden konnte und eigentlich nach meiner Erfahrung kaum ein Problem darstellt (es sei denn, man schwitzt an den Händen), sollte letzteres unbedingt im Hinterkopf behalten werden. Diese Modelle sollten daher nach dem Zusammenbau mit einem UV-Schutzlack überzogen werden.


    Und dann gibt es im Zusammenhang mit Neuauflagen alter Bögen ein richtiges Problem. Da das Offsetdruckverfahren heute als zu teuer von den Verlagen nicht mehr angewandt wird, werden die alten Modellbaubögen kurzerhand digitalisiert. Dies geschieht dann meist durch einen Scan. Und da beginnt das Problem. Jeder Scanner/Kopierer verzieht den Ausdruck gegenüber dem Original mehr oder weniger, und wenn es der Teufel will sogar um beide Achsen verschieden. Je nach dem, wie sehr sich ein Verlag die Mühe macht diese Bögen nachzubearbeiten, fällt das Ergebnis aus. Meine Erfahrung in dieser Richtung ist eher negativ, da diese Modelle wohl in großer Eile auf den Markt geschmissen wurden. Ich möchte hier einmal ein Beispiel zeigen. In meinem Fundus liegen zwei Bögen des gleichen Modells, einmal als Offsetdruck und einmal als Digitaldruck des eingescannten Bogens.


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    Der Bogen aus dem Jade-Verlag ist der Offsetdruck, während der eingescannte Bogen als Digitaldruck von dem Nachfolgeverlag Möwe-Verlag stammt. Was bei der Gegenüberstellung auffällt, ist die relative Unschärfe des letzteren und die zusätzlichen schwachen Linien, die wahrscheinlich von einem Neuarrangieren der ausgeschnittenen Teile stammen. Auch auf den folgenden Bilder ist dies gut zu erkennen.


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    Gerade die Unschärfe auf dem letzten Bild ist sehr deutlich und hat nichts mit meinem Fotografiertalent zu tun. Diese Unschärfen lassen zudem auf eine Verzerrung der Teile durch das Scannen schließen. Diese mag zwar nur sehr gering sein und daher bei kleinen Teilen nicht ins Gewicht fallen, bei langen Teile reden wir hier aber durchaus von 1 - 2 mm. Und die sind dann auch durch noch so akkurates Bauen nicht auszugleichen. Als Beispiel für Schwierigkeiten sei mein Modell der Eisenbahnfähre Deutschland erwähnt. Hier hatte ich nicht bemerkt, dass es sich um eonen eingescannten Bogen handelte. Prompt waren die Rumpfseiten um ca. 2mm unterschiedlich lang. Ich konnte das einigermaßen optisch ausgleichen, jedoch nur weil ich das Bug- und das Hecktor offen dargestellt habe. Persönlich habe ich daraus für mich den Schluss gezogen: Finger weg von gescannten Modellbaubögen!


    Übrigens tritt das Problem auch bei unseren eigenen Scannern auf. Da ich schon mal Ersatzteile herstellen musste ist mir aufgefallen, dass mein Scanner/Drucker die Teile um beide Achsen annähernd gleich verkleinert. Also gescannt und ausgedruckt ergibt ohne Anpassung ein etwas kleineres Teil.


    Das soll es nun auch zu den Modellbögen gewesen sein. Im nächsten Kapitel geht es ans Eingemachte, den Arbeitstechniken.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


    "Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gern mein Problem zurück!"


    Kartonbau Tutorial

    Einmal editiert, zuletzt von Lemmi ()

  • Hoffentlich kriege ich es hin!


    Ich bin mir sicher, dass Du das hinbekommst. Besonders der Schlepper ist ein eher einfach gehaltenes Modell. Das sollte man als Anfänger auch so bauen. Die Verbesserungen bzw, Verfeinerungen kommen dann später. Man muss sich ja steigern können. :D

  • irgendwie machst du einem lust, wieder einzusteigen, mein letztes kartonmodell hab ich wohl etwa in den frühen 70ern gemacht...


    :D Na, dann mach doch. Dann bin ich nicht so allein hier. Ich habe aber den Verdacht, dass Du ein wenig tief stapelst, was Deine Kartonbaukünste angeht.

  • Kapitel 9: Arbeitstechniken allgemein

    Jetzt wird es ernst. Wir kommen zu den Arbeitstechniken. Als hauptsächliches Anschauungsmaterial habe ich ein kleines, und von Teilezahl und Detaillierungsgrad sehr überschaubares Modell in meinem Fundus gefunden. Dies wird hier aber kein Baubericht und das Modell ist bereits fertig. Bei Gelegenheit stelle ich es mal in die Galerie. Es handelt sich um ein Modell eines Schnellboot Typ 55 in 1/250 der Reihe der Wilhelmshavener Modellbaubögen. In diesem und den folgenden Kapiteln geht es um die Bearbeitung der Teile zur Vorbereitung des Zusammenbaus und den Zusammenbau selbst. Aus diesem Grund werden sich auch Fotos von anderen Modellen finden.


    Grundsätzlich unterscheidet sich der Beginn eines solchen Projektes nicht vom Plastik- oder Holzmodellbau. Man packt den Bogen aus, sichtet die Teile und studiert die Bauanleitung. Die besteht in diesem Fall aus einer Kombination von beiliegendem Text und Skizzen, die auf dem Bogen verteilt sind.


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    Der Ablauf bzw. die Reihenfolge des Zusammenbaus kann bei Kartonmodellbaubögen in der Regel nach den Teilenummern gestaltet werden. Die meisten Konstrukteure gehen so vor, das nach Teil 1 das Teil 2 und danach das Teil 3 usw. verbaut werden soll. Man kann aber auch Baugruppen vorneweg herstellen und dann später platzieren. Als Anfänger empfiehlt sich aber die strikte Vorgehensweise. In der Bauanleitung stehen in der Regel auch allgemeine Bauhinweise. In ihnen werden wichtige Hinweise darauf gegeben, wie Bauteile zu Formen der zu Verstärken sind, bzw. wenn verstärkt, dann in welcher Stärke. Das folgende Bild zeigt die allgemeinen Bauhinweise zu dem Modell des Schnellbootes.

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    Da es sich hier um einen deutschen Modellbaubogen handelt, finden sich verschiedene Stricharten, die etwas über die Bearbeitung aussagen. Dies ist sehr hilfreich, da man so nicht allzu lange darüber grübeln muss, ob es sich z.B. bei der vorliegenden Linie um eine Knicklinie oder die Ansatzlinie einer Verklebung handelt. Bei diesem Bausatz sind gestrichelte und strich-punktierte Linien Knicklinien, strich-doppelpunktierte Linien Ansatzlinien für Verklebungen. Dieser Liniencode bzw. zumindest eine Markierung von Linien verschiedener Bedeutung ist bei Bögen aus deutschen Verlagen Standard. Das Gegenteil davon sind polnische bzw. osteuropäische Bögen. Hier gibt es nur eine Linienart und es darf schon mal über Sinn und Zweck einer Linie nachgedacht werden. Die nächsten Bilder zeigen beide Philosophien als Gegenüberstellung. Erst der deutsche Verlag, als zweites der polnische Verlag.


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    Hat man sich schlau gemacht und seine Arbeitsschritte mehr oder weniger festgelegt kann es los gehen. Im nächsten Kapitel geht es um die Vorbereitung der Bauteile.


    Stay tuned.

  • Kapitel 10: Arbeitstechniken - Das Rillen

    Die grundlegende Arbeit zum Vorbereiten des Formens von Bauteilen ist das Rillen. Und das in genau dieser Reihenfolge. Alte Kartonbauerweisheit: Erst Rillen - dann Schneiden!


    Das Rillen ist die Vorbereitung des Kartons um eine sauber definierte Knicklinie zu erzielen. Bei dem Vorgang selbst wird die Oberfläche auf der der Knickrichtung entgegengesetzten Seite mit einer nicht zu spitzen Nadel eingedrückt. Die Oberfläche wird dabei idealerweise nicht oder nur im geringen Maße beschädigt. Ähnlich wie beim Schneiden wird die Nadel mit wenig Druck entlang eines Lineals gezogen. Dabei ist die Nadel in Zugrichtung zu neigen. Die Nadel
    sollte dabei ruhig etwas größer sein, damit man sie besser handhaben kann. Alternativ funktioniert aber auch alles was ähnliche Eigenschaften besitzt.

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    Zu knickendes Teil, Lineal und Nadel


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    Der Vorgang des Rillens, Zugrichtung nach rechts, Nadel in Zugrichtung geneigt.


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    So soll es idealerweise aussehen - eine flache Rille.


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    Das Ergebnis - ein sauberer Knick.

    Die Alternative zum Rillen ist das Ritzen. Dabei wird die oberste Schicht des Karton aufgeschnitten. Diese Methode setzt viel Gefühl voraus und empfiehlt sich nur nach sehr viel Übung. Allerdings kann es bei dickerem Karton schon mal notwendig sein diesen zu Ritzen. Bei dickerem Karton ist die Gefahr des Durchschneidens allerdings auch geringer. Zudem sollte man dafür nicht gerade eine frische Messerklinge verwenden.


    Wer meint auf den Vorgang des Rillens bei Benutzung von Biegehilfen für PE-Teile verzichten zu können, der irrt. Die Biegehilfe allein garantiert keinen sauber definierten Knick. Also vor dem Knicken immer Rillen. Was das Rillen vor dem Schneiden angeht, so hat es damit eine einfache Bewandnis. Die zu rillenden Teile sind einfach besser zu handhaben, wenn sie noch von einer größeren Fläche Karton umgeben sind. Zudem fransen die Endpunkte der Rille leicht aus, wenn sie am Rand liegen.


    Jetzt sind manche Teile wie Klebelaschen mal nach unten und mal nach oben zu knicken. Im ersten Fall ist die Knicklinie auf der bedruckten Seite zu rillen - kein Problem. Im zweiten Fall ist der Karton aber auf seiner Rückseite, also auf der unbedruckten Seite zu rillen. Was nun? Man kann wie es in den allgemeinen Bauhinweisen der Wilhelmshavener Modellbaubögen steht das Teil gegen ein Fenster halten und die Knicklinie durchpausen. Prinzipiell sieht das dann so aus:


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    Es wird auch empfohlen die Linie mittels Durchschlagpapier zu übertragen, was in meinen Augen viel zu ungenau ist, und man zudem den Karton auf der Gegenseite schon eindrückt. Meine Meinung dazu - unbrauchbar. Viel einfacher geht es mit einer ebenso spitzen wie dünnen Nadel. Man sticht einfach die Endpunkte der zu rillenden Linien durch, dreht den Karton um und rillt ihn dann von Einstich zu Einstich.


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    Damit ist die Grundlage zum Formen eines Bauteils gelegt. Im nächsten Kapitel geht es um das Schneiden.


    Stay tuned.