Kartonbau Tutorial

  • Kapitel 16: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber - Teil 1

    Kommen wir zum Verkleben der Bauteile. Zunächst werde ich noch einmal trotz einiger Wiederholungen etwas zu den von mir verwendeten Klebern und ihrem Einsatzzweck schreiben. Es gibt viele Arten von Klebern, die für Karton oder Papier geeignet sind und auf die ich bereits kurz eingegangen bin. Vorab möchte ich betonen, dass die hier vorgestellte Auswahl auf meinen Erfahrungen beruht und jeder Kleber seine Vor- und Nachteile hat. Es gibt nicht „DEN“ Kleber. Man muss für sich selbst herausfinden, mit welchem Kleber man in welcher Situation die besten Ergebnisse erzielt. Bei mir sind die beiden gebräuchlichsten Kleber ein lösemittelhaltiger Alleskleber und Weiß- bzw. Bastelleim. Mit diesen beiden Klebern erledige ich nahezu alle Verklebungen an einem Modell. Auf die sonstigen Kleber, die ich verwende, komme ich aber auch noch zu sprechen.


    Alleskleber:


    Alleskleber sind landläufig Kleber, mit denen man nahezu jedes Material verkleben kann. Ich benutze hier den Klassiker schlechthin, den UHU Alleskleber. Jeder andere Kleber ist ebenso geeignet, wenn man darauf achtet, dass es ein lösemittelhaltiger Kleber ist. Kleberdämpfe hin oder her, lösemittelfreie Kleber werden auf Wasserbasis hergestellt und sie brauchen in der Regel sehr lange zum Trocknen. Daher kann das enthaltene Wasser tief in den Karton eindringen und ggf. formverändernd wirken. Zudem ist die Klebkraft zu Beginn eher gering, und die Zeit für das Fixieren der Bauteile recht lang.


    Die Dosierung des Klebers ist etwas schwierig, da weder Flasche noch Tube über eine feine Kanüle verfügen. Versuche mit Einwegspritzen führen eher kurz als lang dazu, dass sich die Kanülen dichtsetzen und entweder schmeißt man sie weg oder brennt sie frei. Wo es notwendig ist nur wenig Kleber zu applizieren, behelfe ich mir mit einem Zahnstocher.


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    Auf Grund seiner Eigenschaften ist der Alleskleber sehr gut für größere Teile wie Decks und Bordwände geeignet. Da das Lösemittel kaum in den Karton einzieht, ist die Gefahr des Verziehens von den Bauteilen sehr gering. Da er aber einige Minuten zum aushärten braucht, bleibt in der Regel genug Zeit den Sitz eines Teils zu korrigieren. Andererseits erfordert das wiederum eine gute Fixierung durch Klemmen oder Gewichte während des Aushärtens.


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    Die Klebkraft ist von Anfang an hoch. Nachteil der hohen Klebkraft ist, das übergetretener Klebstoff meist zu schlecht zu entfernenden Schmierstellen auf dem Modell führt und dass er Fäden zieht. In diesem Zusammenhang rate ich von der Verwendung des nicht tropfenden UHU Allesklebers ab. Dessen Konsistenz ist eher klumpig und daher noch schlechter zu dosieren. Wenn man auf dem nächsten Bild genau hinsieht, kann man die Fäden erkennen.


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    Weiß-, Holz- oder Bastelleim:


    Dieser Leim ist ein wasserbasierter Kleber, der trotz seiner Farbe durchsichtig aushärtet. Da er zudem im ausgehärteten Zustand matt ist, ist übergetretener Kleber später kaum zu sehen. Weißleim trocknet in Verbindung mit Karton recht schnell, da das enthaltene Wasser durch den Karton aufgenommen wird. Daher benötigen die so befestigten Bauteile keine lange und mit viel Druck verbundene Haltezeit. Damit ist aber auch schon der größte Nachteil von Weißleim genannt, nämlich das enthaltene Wasser. Da dieses in den Karton übergeht, wird er aufgeweicht. Bei Bauteilen, die bei der Montage nur wenig Druck benötigen, wirkt sich dieser Nachteil nicht aus. Für größere und flächige Verklebungen ist Weißleim aber nicht so gut geeignet. Der Karton verzieht sich in der Regel während des Aushärtens. Erschwerend kommt hinzu, dass ich den Weißleim zur besseren Verarbeitbarkeit mit ca. 5 – 10% Wasser verdünne. Ich führe mit ihm zwar trotzdem flächige Verklebungen aus, allerdings nur bis ca. 5 x 5 cm und das Bauteil wird sofort durch Druck (schwere Bücher) in eine ebene Form gezwungen. Auch bei Bauteilen die etwas länger gehalten werden müssen, wodurch zumindest etwas Druck ins Spiel kommt, kann Weißleim nachteilig sein

    Im folgenden Bild erkennt man die Verwendung von Weißleim am oberen Rand der anzuklebenden Bordwand und Alleskleber auf den Klebelaschen der Grundplatte.

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    Auf dem nächsten Bild erkennt man deutlich die Beulen in der Bordwand. Hier habe ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit den oberen Rand der Bordwand mit Weißleim verklebt anstatt mit Alleskleber (vorheriges Bild). Der Grund dafür war, dass die Bordwand ohne Laschen, also stumpf mit der Deckskante verklebt werden sollte und ich Schmierflecken durch den Kleber vermeiden wollte. Auf Grund der Rundung des Bauteils und der geringeren Klebkraft des Weißleim musste ich trotz der geringen Aushärtezeit die Bordwand kurze Zeit andrücken. Da der Karton aufgeweicht war, hat der geringe Druck schon gereicht,das Bauteil zu verformen. Also – Achtung!


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    Ein weiterer Vorteil ist, dass man den verdünnten Weißleim in eine Kanülenflasche umfüllen und so sehr fein dosieren kann. Die Kanüle ist durch einen Silberdraht ausreichend verschlossen und kann so auch freigehalten werden. Eine Stecknadel wäre auf Grund ihres größeren Durchmessers noch besser geeignet. Da sie aber nur vernickelt ist, würden sich bald Korrosionsspuren zeigen. Die Kanüle ist also regelmäßig zu reinigen, da sie auch nach längerem Gebrauch mit zwischenzeitlichen Pausen zum Verstopfen neigt. Allerdings reicht hier warmes Wasser, um die Verstopfung mit Hilfe einer Nadel heraus zu lösen.


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    Fazit:


    Beide Kleber ergänzen sich hervorragend wenn sie dort eingesetzt werden, wo sich ihre Nachteile nicht auswirken. Alleskleber wird für flächige und große Bauteile verwendet, die zudem meistens auch einige Zeit für Lagekorrekturen brauchen. Weißleim dagegen kommt vor Allem beim Anbringen von kleineren Teilen wie Deckaufbauten oder sonstigen Details sowie Feinarbeiten zur Anwendung.


    Im nächsten Kapitel geht es um die weiteren Kleber, die ich für Spezialfälle einsetze und die eigentlichen Klebetechniken.


    Stay tuned.

  • Kapitel 17: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber - Teil 2

    Kommen wir zu den anderen Klebern, die ich gelegentlich verwende.


    Sekundenkleber:


    Dieser Klebstoff findet langsam eine immer verbreitetere Verwendung im Kartonbau. Zum Ankleben von Teile ist er dabei weniger geeignet, da er sehr schnell durch den Karton aufgesogen wird und aushärtet. Gerade das macht ihn aber sehr gut geeignet den Karton durch die Durchdringung mit dem Kleber zu härten und zu stabilisieren.


    Haupteinsatzgebiet ist also die Härtung vor allem empfindlicher Ecken oder dünner Teile, wie z.B. kleine Spanten von Beibooten. Auch Finnpappe, die an den Rändern leicht zum Aufspalten neigt, kann so stabilisiert werden. Auf dem nächsten Bild erkennt man gut, wie der Kleber in die Pappe eingezogen ist. Der Karton kann danach sogar geschliffen werden.

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    Des Weiteren kann man bei vorsichtiger Dosierung auch bereits angeklebte Teile durch Einsatz von Sekundenkleber zusätzlich sichern. Und besonders wertvolle Hilfe leistet der Kleber auf Grund seiner kurzen Trocknungszeit bei der Befestigung von Takelagen.


    Doppelseitige Klebefolie:


    Diese Klebefolie kommt von einer großen Rolle. Sie hat bei mir den Sprühkleber ersetzt. Nicht etwa weil sie besser klebt, sondern aus ganz praktischen Erwägungen heraus. Die Folie stinkt nicht und es gibt eine Kollateralschäden durch Sprühnebel oder Schmierflecken. Und das bei annähernd gleicher Klebkraft.


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    Kleinere Chargen dieser Klebefolie konnte ich bisher nicht finden (und brauche jetzt wohl auch nicht mehr danach zu suchen).


    Ich verwende die Folie ausschließlich bei großflächig zu verklebenden Verstärkungen z.B. von Schiffsdecks oder notwendigen Aufdoppelung vieler Kleinteile vor dem Ausschneiden. Das Vorbereiten des Einsatzes der Folie ist zugegebener Maßen etwas umständlich. Ein Stück der Klebefolie wird in der benötigten Größe von der Rolle abgeschnitten und auf den zu verklebenden Karton gedrückt. Gute Dienste leistet dabei eine Andruckrolle. Dann wird die Schutzfolie abgezogen und die zweite Kartonlage angedrückt. Zum Schluss wird das Ganze noch einige Zeit zwischen schwerer Literatur gelagert.


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    In die gleiche Kategorie fällt doppelseitiges Klebeband. Ich habe es mal benutzt, um Rahmenteile auf ein Klarsichtteil zu kleben wo ich vorher große Probleme hatte, Schmierereien mit Kleber zu vermeiden.


    UHU-Hart:

    Eigentlich ebenfalls ein Alleskleber, der aber sehr fest und sehr hart aushärtet. Mit ihm verarbeite ich eigentlich nur Spantgerüste im Stumpfstoß, wobei er sich gut bewährt hat. Zum Verkleben von Bauteilen aus normalem Bausatzkarton ist er auf Grund der schlechteren Dosierbarkeit nicht so gut geeignet. Sein größter Nachteil ist aber das Schrumpfverhalten beim Aushärten. Bei dünnen und kleinen Klebeflächen oder Pappen spielt das kaum eine Rolle. Bei langen Klebenähten oder bei zusätzlich gesetzten Verstärkungsnähten in Ecken kann das Schrumpfen jedoch einen deutlichen Verzug der Bauteile zur Folge haben.


    Last but not least:


    Klebestift:


    Dieser Kleber wird von mir bei flächigen Verklebungen mit geringerer Ausdehnung benutzt. Meistens geht es dabei um Verstärkungen von Bauteilen. Er weist eine geringe Klebkraft auf, die aber bei der Lamierung von Bauteilen keine Rolle spielt. Da er zudem sehr langsam aushärtet, ist eine ausreichend lange Lagerung zwischen Büchern o.ä. angeraten, da es sonst zu Verzug kommen kann.


    Das soll es nun aber mit den Klebern gewesen sein. Weiter im nächsten Kapitel mit dem eigentlichen Kleben.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


    "Wenn das Ihre Lösung ist, dann hätte ich gern mein Problem zurück!"


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  • Kapitel 18: Arbeitstechniken - Das Kleben und die Kleber - Teil 3


    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Frage welcher Klebstoff für welche Arbeit am besten geeignet ist, reine Erfahrungs- und Geschmackssache ist. Wichtig ist, dass der Klebstoff einem genug Zeit lässt das fragliche Bauteil in die richtige Position zu bringen, aber gleichzeitig auch schnell genug aushärtet um das Bauteil nicht allzu lange festhalten zu müssen.


    Beim Verkleben selbst geht es entweder darum Kanten zu verkleben oder Flächen. Zu den Flächenverklebungen habe ich bereits im vorigen Teil etwas geschrieben. Kommen wir nun zum Verkleben von Kanten. Diese können entweder stumpf“, also Kante auf Kante bzw. Fläche, erfolgen oder mit Hilfe einer Klebelasche. Allgemein kann man sagen, dass größere Teile in der Regel mit einer Lasche verklebt werden und kleinere Teile stumpf.


    Um eine stumpfe Verklebung herzustellen, trägt man den Kleber auf der Fläche, auf der stumpf verklebt werden soll, auf. Anders herum könnte man den Kleber nur schwer auf der dünnen Kartonkante applizieren. Dann drückt man die Kante des anderen Bauteils in den Kleber. Falls erforderlich kann man überschüssigen Kleber sofort danach mit einem Zahnstocher entfernen. Allerdings klappt das nur bei Weißleim. Sollte eine festere Verbindung ratsam sein, kann man zusätzlich eine Ecknaht mit dem Kleber ziehen. Hierfür ist allerdings kein Kleber mit starkem Schrumpfverhalten (wie z.B. UHU-Hart) zu verwenden.

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    Bei Klebelaschen wird der Kleber auf der Lasche aufgetragen. Danach die Teile zusammenführen und die Lasche andrücken. Den Kleber dabei möglichst sparsam verwenden. Meistens fasst man in den Kleber, der unter der Klebelasche hervorquillt hinein und verteilt ihn mit Sicherheit auf dem Modell.

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    Das Auftragen des Klebers kann in der Regel direkt aus der Flasche oder der Tube erfolgen. Bei sehr filigranen Teilen oder punktförmigen Klebeflächen setzt man die Klebepunkte am besten mit Hilfe eines Zahnstochers oder einer Nadel.


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    Beim Auftrag direkt aus Tube oder Flasche hat die Flasche den Vorteil, dass ich sie vor dem Ansetzen etwas zusammendrücken kann und so einen Unterdruck erzeuge. Dieser ermöglicht es mir zuviel Kleber in die Kanüle zurückzusaugen. Dies funktioniert bei der Tube nicht.


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    Das soll es zum Thema Kleber und Kleben gewesen sein. in den nächsten Kapiteln beschäftige ich mit mit Allgemeinen Tipps zur Baupraxis.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • Moin Karlheinz,
    eine schwierige Frage. Ich empfehle ein einfaches Gebäude im Eisenbahnmaßstab 1/87 oder ähnlich. Der Schreiber-Verlag hat sehr schöne Modell im Angebot. Gebäude haben den Vorteil, dass sie eher einfache geometrische Formen haben. Der Schreiber-Verlag hat überhaupt recht viele Anfängermodelle im Angebot. Frag mal Henning nach seinem Leuchtturm.

  • Was hälst du denn von den im Netz frei verfügbaren Modellen ?
    Abgesehen davon,das man entsprechenden bzw. geeigneten Karton zum ausdrucken benötigt, sollte so ein Bogen doch zum testen ok sein, oder !?

    Zwei Worte werden dir im Leben so manche Tür öffnen : Ziehen und Drücken :00008359:

  • Das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Und natürlich kostengünstig. Zum Ausdruck 160g-Papier nehmen und vorzugsweise mit einem Tintenstrahldrucker ausdrucken. Ein Laserdrucker geht auch, wenn nicht alzu viel geknickt oder gerundet werden muss. Etwas schwieriger ist nur daspassende Modell zu finden.

  • Beim googlen unter "gratis Kartonmodell" ,oder "free download" findet sich ja zu jedem Bereich ein riesen Haufen Bogen, aber ob die Qualität (für Anfänger) gut ist, kann ich nicht beurteilen, da wäre der Experte gefragt !

    Zwei Worte werden dir im Leben so manche Tür öffnen : Ziehen und Drücken :00008359:

  • Stimmt Ingo, man findet Massen an Modellen als Freedownload. Es ist leider eine Menge Schrott darunter, der nicht mal Anfänger zufriedenstellen kann. Wegen Gebäudemodellen, ich habe mich an die Seite meineschule.de erinnert. Die bietet einfache bis komplexere Eisenbahngebäude zum Download an.

  • Moin Karlheinz,
    eine schwierige Frage. Ich empfehle ein einfaches Gebäude im Eisenbahnmaßstab 1/87 oder ähnlich. Der Schreiber-Verlag hat sehr schöne Modell im Angebot. Gebäude haben den Vorteil, dass sie eher einfache geometrische Formen haben. Der Schreiber-Verlag hat überhaupt recht viele Anfängermodelle im Angebot. Frag mal Henning nach seinem Leuchtturm.


    Hallo Karlheinz,


    das von Bernd angesprochene Modell kann ich für den Einstieg sehr empfehlen. War auch mein erstes Kartonmodell.
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    Abgesehen von dem Leuchturm selber hat man es mit einfachen Formen zu tun. Der Bausatz ist einfach zu bauen, man kann sich aber trotzdem an verschiedene Techniken üben, z.B. werden verschiedene Elemente auf dicken Karton aufgezogen (z.B. die Mauern).


    Der Bausatz ist im Maßstab 1:160 (Spur N), die Grundfläche beträgt 25x24 cm.


    Wenn Interesse besteht kann ich einen Baubericht nachreichen...

  • Kapitel 19: Die Baupraxis - Verstärken und Aufdoppeln

    Unter dem Stichwort Baupraxis stelle ich in loser Folge einige Arbeitstechniken vor, die ich für den Zusammenbau eines Modell für nützlich halte.


    Beim reinen Verstärken ist die Erhöhung der Stabilität das Ziel. Meist ist diese Verstärkung in den Bausätzen vorgeben, wenn z.B. die normale Kartonstärke nicht ausreicht. Dies ist immer dann der Fall, wenn es eine ausreichende Unterstützung durch Spantgerüste nicht möglich ist, oder auf komplizierte Unterkonstruktionen verzichtet werden soll, wie z.B. bei einem Panzermodell.

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    In den Baupläne sind die Teile markiert, die auf eine andere Stärke als dem Bausatzkarton gebracht werden sollen. Es ist zu beachten, ob dabei die Endstärke angegeben ist oder mit einer bestimmten Stärke verstärkt werden soll. Im Beispielbild ist die Stärke des Verstärkungskarton gemeint.

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    Praktischer Weise sind Teile, die auf eine bestimte Stärke gebracht werden sollen, in der Regel dann auf normalem Papier gedruckt, so dass die Stärke des aufzuklebenden Bogens nicht wirklich eine Rolle spielt. Trotzdem ist der Feinmechanikergeist bei einigen Kartonies geweckt und es wird um 1/10-Millimeter gestritten, und der Verstärkungskarton entsprechend reduziert eingebaut. Meine Erfahrung ist, dass es erst ab der Stärke des Bausatzkartons (ca. 0,2mm) lohnt bzw. erforderlich wird diese zu berücksichtigen.


    Folgende Frage wird gerne gestellt und ebenso gerne wird darüber diskutiert. Ist es generell erforderlich Teile wie z.B. Decks oder Spanten zu verstärken? Meine persönliche Antwort darauf lautet: Wenn es im Bausatz nicht vorgesehen ist, dann nein. Die Konstruktionen sind in der Regel auf die Stabilität des Materials abgestimmt, so dass eine Verstärkung nicht erforderlich ist. Kommt mir z.B. der Abstand zweier Spanten zu groß vor, setze ich lieber Hilfsspanten ein als zu verstärken. Ob zusätzlich verstärkt wird, ist also eine Sache der Persönlichen Neigung/Erfahrung. Werden Verstärkungen eingebaut, ist zu berücksichtigen, dass diese in der Konstruktion nicht vorgesehen sind, und es deshalb zu Problemen bei der Maßhaltigkeit kommen kann und anschließende Bauteile entsprechend angepasst werden müssen.


    Beim Aufdoppeln geht es weniger um die Verstärkung eines Bauteils als vielmehr darum, dass die normale Kartonstärke zu dünn für eine korrekte Darstellung ist. In diesem Fall wird häufig das Verdoppeln oder verdreifachen der Stärke benötigt. Dazu kann man Abfallkarton verwenden (also keine größeren Abschnitte des Bausatzbogen entsorgen!!!), oder es sind schon entsprechende Felder zum Herumknicken vorgesehen. Häufig weisen diese sogar die passende Farbe auf. Sind viele Verdoppelungen oder Verstärkungen vorgesehen, liegen in einigen Bausätzen extra Leerbögen bei.

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    Ob man tatsächlich das vorgesehene Herumknicken einsetzt, oder ob man die Felder auseinander schneidet, hängt eigentlich nur von einer Frage ab: Ist es erforderlich die Rückseite exakt zur Vorderseite zu positionieren? Im Falle von Ja – unbedingt an der vorgesehenen Linie Rillen und Umknicken.


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    Im vorherigen Bild ist die Textur der Rückseite auf die der Vorderseite abgestimmt, also Umknicken.


    Im anderen Fall, weil z.B. rückseitig keine Farbe erforderlich oder die Rückseite komplett gefärbt ist, schneide ich die Teile auch schon mal auseinander und verklebe sie dann einzeln. Besonders, wenn sie eher komplizierte Falt-Reihenfolgen beinhalten wie auf den folgenden Bildern.

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    Wichtig beim Verstärken/Aufdoppeln ist es, den Kleber dünn und gleichmäßig aufzutragen um Luftblasen zu vermeiden. Welche Kleber dabei zum Einsatz kommen habe ich bereits im Teil über die verschiedenen Kleber erklärt. Danach werden die Teile gepresst und trocknen so bis zur Aushärtung. Erst danach sollten sie zurecht geschnitten werden.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • Kapitel 19: Die Baupraxis - Färben und Farben

    Färben


    Kartonmodellbau benötigt im Grunde keine Farben, da die Modellbögen farbig gedruckt werden. Zum Teil sind bereits Alterungs- und Gebrauchsspuren vorhanden. Allerdings ist diese Aussage nicht ganz zutreffend, da in der Regel durch Schneiden und im geringeren Maße auch durch das Rillen an den Ecken weiße Kanten entstehen. Diese sind unschön und beeinträchtigen das Gesamtbild unseres Modells. Daher ist es ein Muss diese Kanten einzufärben und daher muss man doch zur Farbe greifen. Die folgenden Bilder hat mir unser Kollege Henning aka „Der H“ überlassen. Auf ihnen sieht man schön das Ergebnis vor und nach dem Kantenfärben.

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    Beim Kantenfärben ist es gar nicht mal so wichtig, den exakten Farbton zu treffen. Es reicht wenn die gewählte Farbe annähernd ähnlich der gedruckten Farbe ist. Teilweise reicht es sogar die Kanten mit einem weichen Bleistift zu färben. Die Kante wird dadurch zwar betont, aber unter Umständen möchte man genau diesen Effekt erzielen. Bei Rad links außen auf dem folgenden Bild habe ich die Kanten des Radreifens mit einem Bleistift gefärbt. Auch der Grauton für die übrigen Kanten würde bei flächiger Vermalung deutlich abweichen. Bei den Kanten und den aufgeklebten Nieten auf der Nabe fällt diese Abweichung aber nicht ins Gewicht, wie ich finde.


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    Ein weiterer Einsatz von Farbe ist angeraten, wenn z.B. Aufbauten auf Decks platziert werden. Diese Klebeflächen sich häufig nicht gefärbt, und wenn man nicht acht gibt und das Bauteil nur geringfügig um Zehntelmillimeter verrutscht sieht man es weiß hervor blitzen (erstes Bild). Um das zu vermeiden, sollten die Flächen vor dem Aufkleben gefärbt werden.


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    Dabei braucht in der Regel nicht deckend gefärbt werden. Da die Fläche eigentlich komplett abgedeckt wird, müssen lediglich gut sichtbare weiße Striche vermieden werden. Und dazu reicht eine Abdunkelung bereits aus.


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    Farben


    Nach dem Thema Färben etwas zu den verwendeten Farben selbst. Grundsätzlich kann man sagen, dass jede Farbe geeignet ist Kanten zu färben oder ein Kartonmodell komplett zu bemalen. Man muss allerdings einige Eigenarten und auch Einschränkungen durch das Material beachten.


    Ohne größere Probleme lassen sich die lösemittelhaltigen Farben verwenden. Das Lösemittel zieht zieht zwar in den Karton ein, lässt ihn aber nicht so stark aufquellen, da ein Teil berreits vorher verdunstet. Den Rumpf der Cleopatra habe vor dem Spachteln mit einem Lackspachtel auf Wasserbasis mit einem lösemittelhaltigen Parkettlack überzogen. Der Parkettlack ist in den Karton eingezogen und hat ihn quasi versiegelt. Das er seinen Zweck erfüllt hat konnte ich an einer Stelle bemerken, die ich offenbar ausgelassen hatte. Dort konnte das Wasser aus der Spachtelmasse in den Karton ziehen und diesen aufweichen. Nach dem Trocknen ist aber daraus kein weiterer Schaden entstanden.


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    Das zeigt auch schon den größten Nachteil des Materials, nämlich die Empfindlichkeit gegenüber Wasser. Bei kleinen Flächen und Kanten ist das kein Problem, da die Farbmenge und damit der Wasseranteil gering ist. Trotzdem ist es möglich auch wasserbasierte Farben auch auf größeren Flächen zu verwenden. Wie man dabei als Alternative zu lösemittelhaltigen Lacken vorgehen kann, versuche ich mal darzulegen. Wichtig ist die Vorbereitung des Untergrundes. Auf dem folgenden Bild ist das Deck der Cleopatra zu sehen. Der Anstrich erfolgte lasierend mit Gouachefarbe, also einer stark verdünnten Wasserfarbe. Um zu verhindern, das das Wasser in den Karton einzieht ist das Bauteil vorher mit lösemittelhaltigen Klarlack zu versiegeln. Um mir aber den Einsatz von einem Kunstharzlack ganz zu sparen und weil das Deck auf 1mm Finnpappe aufgezogen war, habe ich es probiert gleich mit der Gouachefarbe zu arbeiten. Zwar ist der Karton leicht aufgequollen, hat sich aber auf Grund des stabilen Untergrundes nicht verzogen. Also kann man sagen, je stabiler der Untergrund, desto weniger de Gefahr dass das Wasser schädlich wirken kann.


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    Das Problem des Aufquellen hatte ich dagegen beim Einsatz von Revell-Aquas nicht. Den Fahrgestellrahmen des 6-Rad-Spähpanzers habe ich ohne Versiegelung komplett mit Revells Farbe gestrichen, ohne dass es zum Aufquellen gekommen ist.


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    Welche Farbe verwende ich? Eigentlich keine spezifischen, außer das sie alle wasserbasiert sind. Das sind zum einen die Acrylfarben von Revell und Künstlerfarben, Wasserfarben wie die eines Tuschkastens (Aquarellfarben) und Gouachefarben sowie Aquarellstifte. Die ebenfalls abgebildete Ölfarbe kommt bei mir bisher kaum zum Einsatz. Ihre Trocknungszeit ist mir schlicht zu lang.


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    Alle diese Farben benutze ich sowohl für flächige Bemalungen als auch fürs Kantenfärben. Allerdings hat jede Farbe ihren Schwerpunkt. Tuschkasten und Aquarellstifte für das Kantenfärben, Gouache- und Acrylfarben für flächige Bemalungen. Beim Tuschkasten ist bei flächigen Bemalungen allerdings auf Grund der großen Wassermenge Vorsicht geboten. Das es trotzdem funktioniert zeigt mein Modell des 6-Rad-Spähpanzers. Hier hatte ich die braune Verschmutzung lasierend aufgetragen. Obwohl es keine Schäden gab, konnte ich nichts desto Trotz an einigen Stellen ein Wellen des Materials feststellen, das sich nach dem Trocknen aber zurückgebildet hat.


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    Die Verarbeitung:


    Zur Verarbeitung der Acrylfarben muss ich wohl nichts schreiben, da die Farben ja bei fast jedem hier im Gebrauch sind. Auch den Einsatz eines Tuschkastens setze ich als bekannt voraus.


    Gouachefarben kommen in Tuben daher und können direkt verarbeitet werden, sind in diesem Zustand aber sehr pastös. Sie werden daher am Besten wie Künstleracrylfarben auch aus den Tuben entnommen und mit Wasser verdünnt.


    Obwohl Aquarellstifte wie Buntstifte aussehen und auch so verwendet werden können, werden sie in der Regel mit Wasser verarbeitet. Dabei können sowohl direkt vom Stift aufgetragen werden, Stift ins Wasser tauchen und ran ans Modell. So gelingt es sehr konzentriert Farbe in kleinste Ecken zu bringen. Sehr gebräuchlich ist auch die Methode die Farbe mit einem getränkten Pinsel von der Stiftspitze abzunehmen und aufzutragen.


    Ganz selten verwende ich auch Filzstifte. Deren Nachteil ist ihre dünnflüssige Farbe, die vom Karton gerne mal wie von einem Löschblatt aufgesogen wird, also auch bedruckte Bereiche unterläuft und so durchaus irrreparable Farbschäden anrichten kann. Der Trick ist, nicht zu lange an einer Stelle zu verweilen.


    Fazit:
    Alles ist möglich, also keine Angst und einfach mal an Probestücken verschiedene Methoden ausprobieren. Soweit meine Erfahrungen zum Thema Färben und Farben.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • @Imre:
    Selbst schuld, wenn Du die Finger nicht vom WWW lassen kannst. :muahaha: Die 777 kannte ich schon. Wer meint sich damit vergleichen zu müssen, kann wie Du richtig bemerkst seine Werkzeuge gleich wegschmeißen. Das Teil stellt für mich eine recht einsame Klasse dar. <3


    @Henning:
    Gern geschehen. Erstens stimmt es, und zweitens kann die geschundene Modellbauerseele ab und zu etwas Balsam gebrauchen. :D

  • Kapitel 21: Die Baupraxis - Bemalen

    Wie bereits geschrieben brauchen Kartonmodelle in der Regel keine Bemalung, sondern eher eine Ergänzung oder Reparatur der vorhandenen Anstriche bzw. Drucke. Dazu zählen das Kantenfärben oder das Bemalen von Ergänzungsbauteile z.B. aus Draht. Trotzdem kann auch eine flächige Bemalung erwünscht sein, wie z.B. das Aufbringen von Alterungsspuren oder Verschmutzungen. Und dann sind da auch noch Kartonmodelle, die entweder ganz aus Lasercutteilen bestehen (die in der Regel unbedruckt sind) oder bei denen eine Reihe von Teilen neu angefertigt wurden, die natürlich Komplett bemalt werden müssen.


    Das Färben der Kanten, Alterungs- und Gebrauchsspuren oder kleinflächige Verschmutzungen können ohne große Vorbereitungen direkt auf den Karton mit jeder beliebigen Farbe aufgebracht werden. Selbst die Verwendung von wasserbasierten Farben führt in der Regel zu keinen Schäden durch Aufquellen, da hierbei eher wenig Farbe und damit wenig Wasser aufgetragen wird. Auch die ggf. ungleichmäßige Farbaufnahme spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle, da ein ungleichmäßiger Farbauftrag sogar gewünscht sein kann.


    Großflächige Verschmutzungen oder aber auch flächendeckend aufgebrachte Verschmutzungen sind dagegen wie Komplettbemalungen zu behandeln. Man sollte auf eine Grundierung nicht verzichten (siehe weiter unten). Ich spreche dabei aus Erfahrung mit der Verschmutzung meines 6-Rad-Panzerspähwagens. Diesen habe ich mit einer lasierenden Schicht Brauntöne aus Aquarellfarben überzogen. Zu Beginn der Bemalung habe ich auf eine Grundierung verzichtet, was an den Kotflügeln zu Verformungen durch Quellen geführt hat. Diese aufgequollenen Stellen haben sich aber glücklicherweise mit dem Trocknen zurückgebildet. Um weiteren Schaden zu vermeiden habe ich dann das Modell mit einem UV-Schutzlack grundiert, was nicht optimal war aber seinen Zweck erfüllt hat.


    Anders als bei kleinflächigen Bemalungen ist bei der Komplettbemalung und den großflächigen Verschmutzungen die Vorbereitung des Malgrundes dringend empfohlen. Karton ist nun mal stark saugend, was erstens eine gleichmäßige Lackierung egal mit welcher Farbe und auch egal ob mit Pinsel oder Airbrush sehr erschwert, bzw. den Farbverbrauch enorm steigern kann. Will man zweitens wasserbasierte Farben verwenden, erfüllt die Grundierung zusätzlich noch den Zweck die Wasseraufnahme durch den Karton zu unterbinden. Also ist für eine optimale Lackierung in jedem Fall eine Grundierung unerlässlich. Als Grundierung kann man einen lösemittelbasierten Klarlack verwenden, der möglichst dünnflüssig sein sollte um den Karton regelrecht zu durchdringen. Dies hat zwei Effekte. Zum einen wird Flüssigkeitsaufnahme unterbunden, und zum anderen wird der Karton zusätzlich gefestigt. Alternativ kann auch Sekundenkleber verwendet werden, was zudem die Stabilität der behandelten Teile noch einmal erhöht. Nach der Grundierung kann das Kartonmodell wie Plastikmodelle auch mit jeder beliebigen Farbe und nahezu jeder Technik bemalt, gealtert oder verschmutzt werden.


    Eines ist aber grundsätzlich zu bedenken. Hat man keine Komplettbemalung im Sinn oder ist mit der Komplettbemalung nicht zufrieden muss man sich klar vor Augen halten, dass die Anstriche nicht einfach wieder entfernt werden können. Es gilt die Formel: Entlacken = Zerstörung! Die Folge wäre Ablage P oder erneute Bemalung.


    „Vermutlich ist das für die meisten hier Standard, aber mich als Laien würde es schon interessieren, welcher Lack in welcher Situation bei Karton ideal ist.“ Diese Frage aus einem anderen Forum finde ich interessant und sie wird im Stillen wahrscheinlich von mehreren gestellt. Sie ist eigentlich ganz einfach zu beantworten: Es gibt nicht die ideale Farbe für einen bestimmten Einsatz. Unter Beachtung des vorher geschriebenen kommt es weniger auf die Wahl des Lacks/der Farbe an, als vielmehr auf die Vorbereitung des Modells. Grundsätzlich empfehle ich jedem einfach mal verschiedenen Farben an Probestücken auszuprobieren, um ein Gefühl für die Eigenschaften und das Zusammenwirken der verschiedenen Lacke/Farben mit dem Karton zu bekommen, und die für einen selbst beste Kombination heraus zu finden.


    Abschließend zu diesem Thema etwas, das ebenfalls eine Art der Lackierung darstellt. Es geht um den Schutz unserer Modelle gegen UV-Strahlung. Die Drucke neigen mehr oder weniger stark zum Ausbleichen unter Sonneneinstrahlung. Das gilt noch mal doppelt für eigene Ausdrucke. Steht ein Modell in einer eher dunklen Ecke oder in einer Vitrine, so zeigen sich auch nach Jahrzehnten keine oder nur geringe Spuren eines Ausbleichens. Trotzdem sollte man das fertige Modell mit einem UV-Schutzlack aus der Sprühdose überziehen. Dieser Lack verteilt sich fein über das Modell und trocknen unsichtbar seidenmatt aus. Allerdings sollte man den UV-Schutz vor der Herstellung von Takelagen aufbringen, da sonst Staubanhaftungen an den verwendeten Garnen nicht ausgeschlossen werden können, wie das nächste Bild zeigt.


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    Soviel zu Thema Bemalen.


    Stay tuned.

    Einen schönen Gruß aus Schläfrig-Holstein.
    Bernd


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  • Kapitel 22: Die Baupraxis - Praktische Tipps


    Was tun, wenn die auszuschneidenden Flächen zu klein zum regulären Schneiden sind? Dabei geht es um kleine Aussparungen, Löcher oder Abschnitte, wie auf den folgenden beiden Beispielen zu sehen sind.


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    Natürlich könnte man sich Stanzeisen in der benötigten Form zurecht feilen. Aber dazu gehören aber schon ordentliche Fertigkeiten im Metallbau. Und einen solchen Aufwand für einen einmaligen Gebrauch? Hardcore, wie ich finde. Außerdem braucht es ab einer gewissen Materialstärke Führungsschablonen wie bei einem Punch&Die-Set, sonst fransen die Seiten aus. Mir reicht die Methode „Aussticheln“ vollkommen aus. Dabei setzt man einfach mit einem spitzen Skalpell (30°-Klinge) Einstich an Einstich. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, besonders nach erfolgter farblicher Behandlung.


    Aussticheln eines Loches:


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    Aussticheln von Randabschnitten:


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    Man kann also sagen, dass das Aussticheln eine Technik des Ausschneidens ist.


    Stay tuned.

  • Kapitel 23: Die Baupraxis - Mit einfachen Mitteln supern

    Je nach Modellverlag und -alter sind auf den Bögen einige Details nicht plastisch ausgeführt. Dies ist gerade bei heutigen Grafiken nicht unbedingt ein Nachteil. Eine gute Grafik vermag einen plastischen Eindruck zu vermitteln, wo keiner ist – Stichwort „Illusionsmalerei“.

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    Die auf der Panzerwanne zu sehenden Vertiefungen sind reine Illusion.


    Ist die Grafik aber eher platt, so kann man durch Aufdoppeln bereits gute Ergebnisse erzielen. Im folgenden Bild sieht man, dass die Türen und Leitern lediglich gedruckt sind.

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    Besonders die Türen lassen sich leicht verbessern. Häufig sind extra Türen auf den Bögen vorhanden. Ist das nicht der Fall und hat man einen Multifunktionsdrucker zu Hause, so kann man das Bauteil kopieren und die Tür einfach ausschneiden. Der eigentlich immer vorhandene Verzug beim Kopieren spielt bei so kleinen Teilen keine Rolle. Durch Aufkleben der zusätzlichen Tür erzielt man wesentlich mehr Tiefe. Des Weiteren kann man kurze Drahtstifte oder gezogenen Gießast zur Darstellung der Scharniere anbringen. Einfach, aber wirkungsvoll. Der umgekehrte Weg, die eigentliche Tür ausschneiden und mit einer Kopie hinterkleben, z.B. zur Darstellung einer tieferliegenden Tür, ist natürlich auch möglich.


    Während man auch ohne das vorher Beschriebene ein gutes Modell zaubern kann, ist der Ersatz von lediglich aufgedruckter Ausrüstung fast schon ein Muss. Als Beispiel dient hier das Backdeck des Modells der Deutschland nur mit Aufdruck und dann mit Eigenbau-Pollern, sowie Winschen aus der Restekiste. Auch diese Maßnahme stellt keine großen Anforderung an das Können dar und belebt ein Modell enorm.

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    Ebenfalls nur für Anfänger zufriedenstellend (und auch empfehlenswert) ist die normale Darstellung einer Reling. Herstellungsbedingt sind dies meistens auf weißem Grund gedruckte Striche. Dadurch hat man auf dem Modell eine geschlossene Wand statt einer durchbrochenen Reling. Einfache Abhilfe schafft man durch den Eigenbau einer Fadenreling. Hier als Gegenüberstellung Fadenreling gegen Modellreling.

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    Dazu überträgt man die Stababstände von Zügen und Pfosten auf einen Webrahmen. Für einen Webrahmen sollte man stabile Platten aus Pappe oder Presspan verwenden. Auch alte Leiterplatten können verwendet werden. Dann spannt man Fäden erst in eine Richtung und danach quer dazu. Will man 2 Lagen gleichzeitig herstellen, so ist auf einen größeren Abstand (min. 1 cm) zwischen den Lagen zu achten. Andernfalls besteht die Gefahr dass die Lagen zusammenkleben. Nach dem Bespannen können die Fäden mittels verdünntem Leim oder einem anderen sehr dünnflüssigen Kleber fixiert werden. Man muss dabei darauf achten, dass die Fäden leicht verschoben werden können. Sie sollten daher im Falle eines Falles schnellstens wieder in Position geschoben werden. Ich verwende verdünnten Leim, den ich mit einem Pinsel auftrage. Dabei kann ich gleichzeitig Lagekorrekturen vornehmen.

    Herstellung eines Webrahmens aus Pappe:


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    Der bespannte Webrahmen:


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    Ausgeschnittene und verklebte Relingteile:


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    Natürlich gibt es noch andere einfache Mittel zur Verbesserung der Optik eines Modells, ohne die Zulieferindustrie bemühen zu müssen. Aber schon mit diesen grundlegenden Tipps lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Im nächsten Kapitel gehe ich auf die "Ätzteile" des Kartonbauers ein, den Lasercutteilen.


    Stay tuned.

  • Moin Fritz,
    richtig, stark verdünnt meint wirklich stark verdünnt. Ich habe etwa 2-3 Teile Wasser : 1Teil Leim verwendet. Die Steifigkeit ist danach gut und die Reling lässt sich recht gut in Form bringen. Rechtwinkelige Ecke sind etwas schwerer herzustellen. Die kleinen Teile auf dem letzten Bild sind so entstanden, dass ich Strecken abgeschnitten und dann wieder zusammen geklebt habe.

  • Kapitel 24: Supern mit Lasercutteilen

    Im Bestreben auch Kartonmodelle immer detaillierter zu gestalten, bieten die Verlage und diverse Hersteller mittlerweile eine Reihe von Zurüstsätzen an. Nach Versuchen mit Photoätzteilen ist man heutzutage aber auf gelaserte Kartonteile umgestiegen. Kartonteile haben den unschlagbaren Vorteile des gleichen Materials, während Ätzteile eben aus Metall bestehen und die Verbindung von Papier mit Metall schon einige Probleme aufwirft. In erster Linie werden mit den Lasercutteilen solche Teile ersetzt, die auf Grund der Herstellungsart eines Kartonmodells (Druck) nicht anders darstellbar sind, oder Teile die auf Grund ihrer Größe oder besser Kleinheit kaum mehr manuell ausgeschnitten werden können. Als Beispiel für ersteres können Relings dienen, die gedruckt schlicht weiße Bänder mit aufgedruckten Zügen sind. Für die zweite Kategorie sei ein Steuerrad eines Schiffes im Maßstab 1/250 genannt.


    Lasercut-Sätze werden in der Regel aus ungefärbten Karton geschnitten und müssen daher vor oder nach Einbau gefärbt werden. Eine wie ich finde für uns Modellbauer bequemere Variante ist das Lasern aus gefärbten Karton. Solche Sätze sind in der Regel zwar deutlich teurer, erleichtern aber noch einmal die Arbeit, da die Bemalung und das Rätseln um den richtigen Farbton entfällt.


    Als Ansichtsbeispiel habe ich das Modell des Schnelldampfers Augusta Victoria in 1/250 von HMV gewählt.


    Modell und Lasercutsatz:

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    Im Bauplan sind die durch Lasercutteile zu ersetzenden Teile markiert:


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    Die Original Teile im Bogen:


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    Und die Lasercutteile:


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    Die Striche auf den Treppenwangen sind kleine Rillen für die Stufen. So bleiben die Außenseiten glatt weiß.

    Hier die Teile für die Stufen der Niedergänge (rechts), sowie in der Mitte das Steuerrad. Wer das aus dem Bogen sticheln möchte - viel Spaß.


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    Auch Reliefs sind mit Lasercut darstellbar:


    Comp_0190.jpg

    Auf Grund des Materials sind diese Teile ohne größere Probleme mit den üblichen Mitteln zu verarbeiten. Zum Ausschneiden nimmt man am besten ein Skalpell mit spitzer Klinge. Die Teile sind nur über schmale Stege mit dem Restkarton verbunden und in der Regel so filigran, dass der Einsatz einer Schere durch unbeabsichtigte Knicke eher Schaden anrichtet. Und noch ein Wort zur Herstellung der Niedergägnge. Anders als bei PE-Treppen sind hier Wangen und Stufen getrennt. Um diese Teile ausgerichtet zu verbinden, ist es sinnvoll sich eine Helling bzw. Lehre zu bauen. In der Regel liegt eine solche den Lasercutsätzen sogar bei.


    Relingteile sollten zu besseren Ver- und Bearbeitbarkeit extra behandelt werden. Diese Teile sind so filigran, dass sie sehr leicht knicken und dann irrreperabel beschädigt sind. Sie sind auch nur schwer ohne Materialschäden Rundungen anzupassen. Also sollten sie verstärkt werden. Das geht durch Sekundenkleber, was für gerade Teile eine sehr gute Lösung ist. Für enge Rundungen ist das aber nicht das Optimum, da die Teile nach Tränkung mit Sekundenkleber zu spröde sind. Es gibt aber auch ein Mittel, dass die Teile gleichzeitig flexibel und stabil macht - Textilverstärker. Der ist eigentlich dafür gedacht filigranen Häkelarbeiten Stabilität zu verleihen, wirkt aber genauso gut bei Papier, Karton und Pappe.


    Aber wie bei allem im Leben gibt es auch hier einen Haken. Textilverstärker ist wasserbasiert, und was das für unsere Kartonteile bedeutet sollte nach der Lektüre dieses Tutorials bekannt sein. Das macht die Arbeit mit ihm etwas schwierig. Die Teile werden am besten noch im Bogen mit einem Rinsel eingestrichen. Da Textilverstärker ähnlich wie Leim wirkt, kann man die behandelten Teile aber nicht einfach zum Trocknen hinlegen und beschweren, damit sie sich nicht verziehen. Um die Teile trotzdem annähernd verzugsfrei zu trocknen, folge ich hier einem Ratschlag von Benjamin Fentens vom HMV: Die eingestrichenen Bögen/Teile an eine Wäscheleine hängen und unten beschweren, damit sie sich gerade aushängen. Ich habe den Vorschlag mal getestet und muss sagen, mit ein wenig Übung funktioniert es sehr gut. Trotzdem werde ich auf den Einsatz eines Textilverstärkers da wo es nicht nötig ist verzichten.


    Stay tuned.

  • Kapitel 25: Masten im Kartonbau

    Um ein ordentliches Modell zu erarbeiten, ist im Kartonbau die grundlegende Regel ein stabiles und genau gefertigtes Grundgerüst (Spanten) herzustellen. Dabei werden von vielen Kartonbauern Spanten und Decks verdoppelt oder sogar verdreifacht. Dabei ist das nicht einmal notwendig, da genaues Arbeiten und gutes Verkleben meist ausreichend sind. Nichts desto trotz scheitern dann gerade diese Kartonbauer an der Herstellung der Masten und Takelage, und ich will mich selbst da gar nicht ausnehmen. Irgendwann reift die Erkenntnis, dass der Werkstoff Karton bei der Herstellung von Masten eindeutig Grenzen hat. Man kann die Masten noch so mit Draht verstärken oder mit Kleber tränken, nach ein paar Jahren erhält man folgendes Bild:


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    Bei dem Modell der Z1 habe ich die Masten wie aus dem Bogen vorgesehen zusammengebaut und die Beine mit Draht verstärkt. Die Rahen und oberen Mastteile bestehen aus verstärktem Karton, den ich mit Sekundenkleber getränkt habe. Und obwohl ich nur eine rudimentäre Takelage installiert habe, sieht man, wie die einstmals straffe Verspannung der Schwerkraft folgt. Baut man nun eine annähernd vorbildgerechte Verspannung würden die Masten komplett nachgeben. Es stellt sich daher die Frage nach dem richtigen Werkstoff. Ich habe dabei entweder Holz oder Messing- bzw. Federstahldraht entdeckt. Letztere eignen sich besonders für meinen bevorzugten Maßstab 1/250. Draht lässt sich gut mit Sekunden- oder Alleskleber verbinden, oder aber löten (meine Schwachstelle).


    Daraus entsteht bei mir mittlerweile die komplette Takelage und die Kartonteile dienen mir lediglich als Anhaltspunkte für die Maße! Allerdings ist Federstahldraht extrem stabil und ein geeigneter Seitenschneider ist ein Muss. Ein Dremel ist auch nicht verkehrt. Nur noch die Schnittstellen entgraten und fertig. Das die Durchmesser der Masten und Rahen dabei nicht konisch zu ihren Enden verlaufen, kann man bei 1/250 verschmerzen. Durch ein gut gemachtes Drumherum wie die Takelage wird das Auge von diesem Detail abgelenkt. Bleib eigentlich nur das Problem der Farbgebung, das für versierte Modellbauer aus dem Plastikbereich gar keines sein sollte, nämlich das Anmischen von Farben. Von dem oftmals propagierten Umhüllen der Masten mit den Kartonteilen des Bausatzes rate ich ab, da sich Karton und Draht nur schlecht verbinden.


    Mein Fazit zur Herstellung von Masten im Kartonbau lautet: Purismus ist schön und gut, und ich bin der erste wenn es darum geht so viel wie möglich aus Karton herzustellen. Aber für Masten ist Karton einfach ungeeignet. Ist eine stabile Unterkonstruktion hergestellt, kann das Spannen der Takelage beginnen. Dazu aber nur soviel: Die grundlegende Vorgehensweise ist von unten nach oben und von innen nach außen!


    Dies soll der (vorläufige?) Abschluss dieses Tutorials sein. Ich danke für das Interesse , und hoffe ein wenig Lust auf Kartonbau gemacht zu haben. Zusätzlich ist es auch mein Bestreben aufzuzeigen, dass Kartonbau mitnichten nur Kinderkram aus der Schulbastelstunde ist, sondern gleichberechtigt neben den anderen Materialien steht. Leider ist das immer noch nicht in den Köpfen einiger Modellbaukollegen angekommen. Ernsthaft betrieben und mit der nötigen Übung entstehen aus Karton (und wie bei anderen Sparten auch mit Hilfe einiger anderer Materialien) ebenso filigrane, wie schön anzusehende Modelle, die sich nicht von Modellen aus anderen Materialien unterscheiden. Ich schließe hier mit einigen Beispielen. Die ersten 3 Bilder zeigen Modelle im Maßstab 1/1200 aus dem Maritimen Museum Hamburg, das vierte Bild zeigt Modelle in verschiedenen Maßstäben von 1/250 (die Schnellboote) bis 1/100 (der Lastkahn vorne).

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    Viel Spaß beim Ausprobieren.